Chemnitzer findet Halbbruder in Neuss

Gunter Schröder fand Kontaktdaten bei einer Haushaltsauflösung.

Foto: Langlitz

Neuss. Heinz Langlitz hat einen Halbbruder. Das haben andere sicherlich auch, doch der Nordstädter lernte seinen erst mit 72 Jahren kennen. Es ist die Geschichte eines Familienschicksals in Zeiten mit Krieg und Teilung Deutschlands — aber mit einem Happy End: Nach einer ersten Kontaktaufnahme per E-Mail im Januar trafen sich die beiden Halbbrüder jetzt zum ersten Mal. In Neuss.

„Es war ein komisches Gefühl, aber wir haben uns sofort verstanden“, gab Langlitz zu. Als Heinz Langlitz am 18. 1965 das 21. Lebensjahr vollendete und damit volljährig wurde, eröffnete ihm die Frau, die er immer für seine Mutter gehalten hatte, nur seine Stiefmutter zu sein. „Über meine leibliche Mutter in der damaligen DDR wurde nie gesprochen“, sagt er, „ein großes Geheimnis.“

Und weil er nicht wusste, dass hinter dem Eisernen Vorhang Verwandtschaft von ihm lebte, hatte der Handwerker auch nie den Drang, dorthin zu reisen.

Hinter der Mauer war man ebenso schweigsam. „Unsere Mutter hat 1944 ein außereheliches Kind geboren und später an den Kindsvater abgegeben“, durchbrach sein Halbbruder Gunter Schröder aus Chemnitz dieses Schweigen mit einer E-Mail, mit der er im Januar den Kontakt mit dem Neusser anzubahnen versuchte. So glaubte der 1941 geborene Gunter Schröder immer, das jüngste von vier Geschwistern zu sein, und war überzeugt: Das Baby, das seine 1992 verstorbene Mutter auf einer erhaltenen Fotografie hält, wäre er. „Ich bin mir aber jetzt nicht mehr sicher“, schreibt Schröder. Denn als Anfang Januar Schwester Gertraude starb, hatte Gunter Schröder einen Haushalt aufzulösen. Dabei stieß er zwar nicht auf den Geburtseintrag eines jüngeren Bruders im Familienstammbuch, wohl aber auf einen Brief einer Frau Langlitz aus Neuss. Sie antwortet darin auf ein Schreiben, das Gertraude eigentlich an ihren 20-jährigen Halbbruder Heinz in Neuss gerichtet hatte (und von dem dieser nie erfuhr). Die klare Ansage aus Neuss: keinerlei Kontaktversuche mehr. So blieb es.

Jetzt, wo Heinz seine ganze Geschichte kennt, will er auch Lommatzsch besuchen. Ende Mai wird er dort sein. -nau