„Das Ziel ist erreicht, wenn jemand schon ein wenig lächelt“

Marina Burbach erzählt im Gespräch, wie Demenzkranke und ihre Angehörigen mit der Krankheit umgehen können.

Foto: Andreas Woitschützke

Neuss. Die Diagnose Demenz ist für Betroffene und Angehörige ein Schock. Das weiß auch die Bildungswissenschaftlerin Marina Burbach, die als Beraterin bei der Alzheimer Gesellschaft arbeitet. Diese unterstützt seit 25 Jahren Betroffene und Angehörige. Am 30. Januar hält Marina Burbach um 15 Uhr einen Vortrag im Bürgerhaus Erfttal zum Thema „Humor und Lachen sind oft die beste Medizin“. Der Eintritt ist frei.

Wie kann es gelingen in scheinbar ausweglosen Situationen, wie einer Demenz- oder Krebserkrankung, den Humor nicht zu verlieren?

Marina Burbach: Manchmal gibt es nichts zu lachen. Dann sollte jeder auch seine Tränen, Trauer und Angst rauslassen. Erst wenn dieser Druck weg ist, gibt es vielleicht wieder Raum für freudige Momente und authentisches Lachen, das von Herzen kommt.

Wie wichtig ist das Lachen für demente Menschen?

Burbach: Speziell Demenz-Erkrankte sind immer noch erreichbar über Humor. Viele lustige Dinge kann man ihnen anbieten.

Wie sieht das konkret aus?

Burbach: Jemand, der demenziell schon sehr weit weg ist, kann trotzdem durch bestimmten Schabernack erreicht werden. Wenn ich mir eine rote Nase aufsetze und als Clown rumlaufe, kann es sein, dass das Langzeitgedächtnis des Erkrankten bemerkt, dies ist eine lustige Situation und der Betroffene fängt an zu lachen. Manchmal genügt es, wenn das Gesicht nur etwas verzogen wird. Es muss sich ja nicht gleich jemand auf dem Boden wälzen vor lauter Lachen. Das Ziel ist erreicht, wenn jemand schon ein wenig lächelt.

Erinnerungen an früher Erlebtes können Demenzerkrankte also zum Lachen bringen?

Burbach: Eindeutig. Eine Humorbiographie ist sinnvoll. Worüber hat der Betroffene besonders gelacht? Was fand er nicht so witzig? Auch Kinderspielzeug kann helfen, lustige Situationen zu schaffen. Genauso wie Cartoons, Singen oder Tanzen zu Musik, die früher bekannt war. Denn das Herz wird nicht dement.

Und wie kann es pflegenden Angehörigen gelingen, ihren Humor nicht zu verlieren?

Burbach: Wichtig ist, sich bewusst zu machen: Ich habe die Wahl, ob ich mich über bestimmte Dinge ärgere oder ob ich sie mit Humor nehme. Ein Perspektivwechsel kann helfen. Beispiel: Wenn der Betroffene das Essen überall auf dem Tisch und seiner Kleidung verschmiert, kann es Angehörigen helfen, nicht wütend zu reagieren, sondern stattdessen mitzumachen und sich den Brei auch auf die Nase zu stupsen.

Wenn man sieht, unter welchen Bedingungen manche Pfleger arbeiten müssen, ...

Burbach: ...bleibt einem das Lachen oft im Halse stecken. Aber ich erlebe auch, wie es Pflegekräften mit viel Humor gelingt, ihre Arbeitssituation bewältigen.