Der kulinarische Spagat gelingt
Gute Mischung aus Gourmet- und rustikaler Küche beim Genießertreff.
Neuss. Selten war der Genießertreff in der Stadthalle so bodenständig wie in diesem Jahr. Sauerkraut mit Kassler, Brat- und Blutwurst oder Röggelchen mit Mett suchten die anspruchsvollen Gäste in der Vergangenheit meist vergebens.
Doch der kulinarische Spagat im Vergleich zu marinierter Steingarnele, mallorquinischem Ziegenkäse oder der Crépinette vom Wildschwein kam an bei den wieder rund 1.000 Besuchern. Die schoben sich stehend, wartend oder mit dem Teller in der Hand durch das Gedränge und ließen sich einen Abend mit extravaganten Speisen und Weinen der 28 Gastronomen annähernd 30 Euro kosten.
Für den Abwechslung liebenden Gourmet war das aber gut investiertes Geld, das er mit einer nach Lust und Laune selbst zusammengestellten Menüfolge aufwog und sich abschließend sogar noch einen „zwitschern“ konnte. Ein Likörhersteller warb erfolgreich mit diesem Slogan für seine „Schnapsidee“ aus Wodka und Karamell. Sogar die Raucher kamen nicht zu kurz, auch wenn die dichte Qualmwolke in der etwas abseits gelegenen Lounge anderswo wahrscheinlich einen Feuerwehreinsatz nach sich gezogen hätte.
Das von den Veranstaltern Neuss Marketing und Dehoga Nordrhein angekündigte Programm bestand im Wesentlichen aus einer Bauchtänzerin, ein paar zu diesem Anlass etwas unpassend wirkenden Karnevalisten sowie einem durchaus ansprechenden Jazz-Trio. Top: Die emsig herumwirbelnden Kellner, die unauffällig freundlich bemüht waren, die insgesamt 12.000 Teller und 10.000 Gläser sofort nach dem Verzehr einzusammeln.
Höhepunkte aus dem kulinarischen Angebot herauszugreifen, fällt schwer, ist aber möglich: Das Kleftiko, eine in Weinblätter eingehüllte Lammkeulen-Roulade vom Restaurant Kolossos, mundete ebenso vorzüglich wie das Tatar vom Räucherlachs auf Kartoffelrösti aus Julian’s Restaurant.
Wer es lieber scharf mochte , war am Stand des Restaurants Colombo einmal mehr goldrichtig. Und bei der Frage, welches Dessert denn wohl an diesem Abend als krönender Abschluss dienen könnte, kam wohl kaum einer der Besucher am Tisch der Konditorei Wegel vorbei. Dort hatte der Familienbetrieb Süßes optisch wie Sushi aufbereitet. Stilecht sollten die kleinen Kuchen dann auch nach Möglichkeit mit Stäbchen gegessen werden.