Der Mann für den idealen Klavierklang

Ludger de Graaff stimmte den Flügel für den weltweit bekannten Pianisten Lang Lang.

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Kaarst. Er kennt sie fast alle — die großen Pianisten dieser Welt. Der in Kaarst lebende Klavierbauer Ludger de Graaff ist bis vor einigen Jahren rund um den Globus gejettet, um in den bedeutendsten Konzerthäusern und Philharmonien für unterschiedlichste Pianisten die Flügel vor ihren großen Auftritten zu stimmen. Seit vier Jahren ist er kein reisender Klavierstimmer mehr, sondern arbeitet fest angestellt für Steinway in Hamburg und wird gebucht, um die Flügel für Pianisten, die in Städten innerhalb in Nordrhein-Westfalens auftreten, vorzubereiten.

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Erst am Dienstag hat er den Flügel für eine Studioaufnahme von Lang Lang in Düsseldorf gestimmt, am gestrigen Donnerstag hat er gleich den halben Tag in der Tonhalle der Landeshauptstadt verbracht, um das abendliche Konzert des chinesischen Pianisten vorzubereiten. De Graaff kann zwar auch Klavier spielen, aber sein Instrument ist eigentlich die Gitarre.

Dass er Klavierbauer wurde, war einem Malheur geschuldet. „Bei einer Probe setzte sich jemand versehentlich auf meine Gitarre“, erinnert sich der heute 57-Jährige. In einem Musikgeschäft mit angeschlossener Werkstatt für Klavierbau ließ er seine zerbeulte Gitarre reparieren. Der damals 16-Jährige war so fasziniert von der Arbeit der Werkstatt, dass er zunächst ein Praktikum und anschließend dort seine Ausbildung zum Klavierbauer absolvierte. Es dauerte nicht lange, und bald darauf wurde er zu einem der gefragtesten Klavierstimmer weltweit.

„Was macht der Flügel mit dem Pianisten? Das muss ich beachten, das ist die entscheidende Basis meiner Arbeit “, sagt de Graaff und nennt Beispiele: Sokolov habe eine große Demut vor der Musik. Dies habe er ebenso zu berücksichtigen wie die zwei Seiten des Lang Lang. „Bei den Proben spielt er nur für die Musik. Auf der Bühne ist er ein Showmensch, spielt spektakulär und unglaublich virtuos nur fürs Publikum.“

Einen Flügel vorzubereiten, sei vergleichbar mit der Formel I, sagt de Graaff. So wie die Wagen auf Strecke, Temperatur und Fahrer exakt eingestellt werden, so sei es auch beim Klavierstimmen für große Künstler. „Man muss ein gutes musikalisches Gehör haben“, sagt er. „Aber um einen Flügel fertigzumachen, benötigt man zu 50 Prozent Handwerk. Die anderen 50 Prozent sind Verständnis und Vertrauen.“ Denn jeder Pianist habe einen individuellen Anspruch. „Der eine bevorzugt den weichen Flügel, der andere die harten Töne.“ Seine Aufgabe sei es, die Intonation, die Farbe des Klangs, sowie den Tastendruck der Persönlichkeit des Virtuosen anzupassen. „Das sind oftmals nur Nuancen — für die Musiker jedoch Welten“, erklärt de Graaff.