Dormagener agieren im Angriff zu hektisch und unüberlegt

Handball-Zweitligist verliert gegen EHV Aue mit 19:22 (10:12). In der Offensive fehlt dem TSV Bayer abermals die Durchschlagskraft.

Dormagen. Auch in der Zweiten Bundesliga ist es möglich, Spiele mit nur 22 eigenen Treffern zu gewinnen. Freuen dürfte das die Handballer des TSV Bayer Dormagen, die diese Marke in den vergangenen sieben Partien nur einmal übertroffen haben, in diesem Fall aber nicht. Mit 19:22 (10:12) unterlagen sie dem Tabellenvierten EHV Aue. Trainer Jörg Bohrmann stellte nach der Pleite nicht zum ersten Mal fest: „Jeder hat es gesehen und das ist seit Wochen unser Problem: Im Angriff lähmt uns eine unglaubliche Angst, Fehler zu machen. Da fehlt uns ganz einfach der Mut.“

Dabei rissen auch die Gäste aus dem Erzgebirge im mit 1579 Zuschauern gut gefüllten TSV-Sportcenter wahrlich keine Bäume aus. Doch im Gegensatz zum TSV haben sie gestandene Handballer in ihren Reihen. Besonders deutlich wurde das in der entscheidenden Phase zwischen der 40. und 48. Minute, als — auf freilich niedrigem Niveau — kein Unterschied zwischen dem auswärts noch sieglosen Topteam aus Aue und den Kellerkindern aus Dormagen, die seit dem 27. September auf einen sportlich errungen Sieg warten, auszumachen war.

Gestützt auf einen nun starken Sven Bartmann im Kasten hatten sich die schwach in die Begegnung gestarteten Hausherren (3:7/12. Minute) zu Beginn der zweiten Hälfte daran gemacht, den Favoriten ins Wanken zu bringen. Peter Strosack gelang mit dem Treffer zum 14:14 der überfällige Ausgleich (40.). Aue wirkte etwas irritiert, blieb aber cool — und konnte sich auf seinen international besetzten Rückraum verlassen. Obwohl die beiden Unparteiischen Florian Drechsler und Christian Hutner aus Fürstenfeldbruck ihre Arme schon drohend zum Zeitspiel erhoben hatten, markierte der estnische Nationalspieler Janar Mägi (28 Jahre), für den am Ende ebenso wie für den tschechischen Auswahlspieler Ladislav Brykner (26) fünf Tore zu Buche standen, in aller Ruhe das 15:14 für Aue (40.).

Jörg Bohrmann, TSV-Trainer

Die Dormagener, bei denen in Lukas Stutzke ein 17-Jähriger die anspruchsvolle Position in der Regiezentrale überzeugend besetzte, verloren bei ihrer nächsten Attacke zunächst den Ball und dann den Kopf. Sie blieben fast zehn Minuten ohne Treffer und kassierten in dieser Phase dumme, aber berechtigte Zwei-Minuten-Strafen (Pascal Noll/41., Jo-Gerrit Genz/45.). Während vor allem Maximilian Bettin und Genz mit unzureichend vorbereiteten Würfen entweder an Aues Abwehrblock oder an Schlussmann Radek Musil scheiterten, zogen die Gäste den Kopf ganz allmählich aus der Schlinge: Wiederum Janar Mägi erzielte das 16:14 (45.), Jan Faith das 17:14 (46.) und Spielmacher Arni Sigtryggsson das 18:14 (48.). Erst in der 50. Minute brach Sebastian Damm in Überzahl mit dem Tor zum 15:18 den Bann.

Als Sebastian Paraschiv auf 20:15 (51.) erhöhte, schien die Partie gelaufen, doch der TSV kämpfte sich noch mal heran. Beim 18:20 (56.) und beim 19:21 (58.) wäre die Wende möglich gewesen. Weil aber der nach seiner späten Einwechslung übermotivierte Mikk Pinnonen den Ball bei einem versuchten Anspiel auf die Außenposition ins Nichts warf (58.) und Genz 40 Sekunden vor Schluss abermals in Musil seinen Meister fand, sah sich Bohrmann in seiner Einschätzung bestätigt: „Beim 14:14 kippt das Spiel. Wir bekommen Zwei-Minuten-Strafen und werden hektisch, meinen, alles in zwei Sekunden regeln zu müssen.“

Über allem steht die mangelnde Durchschlagskraft in der Offensive. Bezeichnend für die maue Angriffsleistung fand der Coach, „dass in Lukas Stutzke ein 17-Jähriger der beste Mann auf dem Feld war. Er hat gekämpft wie ein Wahnsinniger.“ Um im Abstiegskampf bestehen zu können, muss aus dem Rückraum allerdings wesentlich mehr kommen — vor allem von Genz, aber auch von Jonathan Eisenkrätzer.