Dormagenern fehlt Abgeklärtheit

Handball-Drittligist verliert Spitzenspiel gegen Hagen mit 24:28. Der Neusser HV bleibt durch Sieg gegen Longerich in der Tabelle vorne.

Foto: Michael Jäger

Dormagen/Neuss. Genau in dem Moment, als der TSV Bayer Dormagen dem Spitzenspiel der Dritten Handball-Liga West seinen Stempel hätte aufdrücken können, hat er die Partie verloren. Am Ende stand mit dem 24:28 (9:12) gegen Zweitliga-Mitabsteiger Eintracht Hagen die erste Saisonniederlage auf dem Ergebniszettel — und die keineswegs neue Erkenntnis, dass den Dormagenern Routine, Cleverness und eine diese beiden Eigenschaften ausstrahlende Führungspersönlichkeit auf dem Parkett fehlen.

Eine solche Führungsperson wäre Alexander Koke. Doch wegen seiner lädierten Bauchmuskulatur musste er sich allein auf seine Trainerrolle auf der Bank konzentrieren und kam nicht auf dem Feld zum Einsatz. „Ich bin heilfroh, dass er nicht mitwirken konnte“, bekannte sein Kollege Lars Hepp: „Wenn er dabei gewesen wäre, hätten wir heute wohl kaum gewonnen.“

Auch so, gab der Eintracht-Trainer zu, mussten seine Schützlinge ihre „bisher mit Abstand beste Saisonleistung“ aufbieten, um die Dormagener vor der stattlichen Kulisse von 1244 Zuschauern zu bezwingen. Wozu die Hausherren aber auch selbst beitrugen. „Wir haben zu viele Fehler gemacht“, stellte Koke klipp und klar fest. Und die bevorzugt in der Vorwärtsbewegung: Mehr als zwei Dutzend Dormagener Angriffe endeten torlos. Allein 16 Mal scheiterten die TSV-Angreifer an Tobias Mahncke, dem Hepp eine „überragende Leistung“ zwischen den Torpfosten bescheinigte. Für gut die Hälfte dieser Fehlwürfe zeichnete der gesundheitlich angeschlagene Kevin-Christopher Brüren verantwortlich.

Nun hätten 13 Paraden von Sven Bartmann trotzdem fast zu einem Patt auf der Torhüterposition geführt. Als wesentlich gravierender erwiesen sich denn auch die vielen Flüchtigkeitsfehler, die den Dormagenern in der Offensive unterliefen: Ballverluste, schlecht getimte Abspiele, vermeintliche oder tatsächliche Stürmerfouls.

Und das vor allem in jener eingangs erwähnten Phase, als die Hausherren mit 6:5 in Führung lagen (15.) und diese leicht auf drei, vier Tore hätten ausbauen können. Stattdessen nahm Hagen die Geschenke dankend an und verwandelte sie oft genug als Gegenstoß in eigene Treffer. Neun Minuten später lag die Eintracht ihrerseits mit 12:7 (26.) vorne — ein Vorsprung, den eine so abgezockte Mannschaft kaum noch aus der Hand gibt. „Ich bin froh über die Punkte, denn die werden nicht viele gegen Dormagen holen“, sagte Hepp. Er erwartet einen Dreikampf um den Titel zwischen seiner eigenen Truppe, Bayer Dormagen und dem Neusser HV.

Die Neusser verteidigten die Tabellenführung dank einer Aufholjagd. 13 Minuten und zwölf Sekunden vor dem Schlusspfiff lag der NHV im Hexenkessel der mit 421 Zuschauern proppevollen Sporthalle in Köln-Chorweiler mit 16:20 gegen den Longericher SC im Hintertreffen. Die erste Saisonniederlage schien zum Greifen nah, zumal die Gäste bis dahin reihenweise Großchancen vergeben hatten — am Ende standen 21 Fehlwürfe auf dem Statistikbogen.

Doch in der Schlussphase zeigten die Neusser, warum sie zu den Titelanwärtern zählen: Den Vier-Tore-Rückstand drehten sie in den fünften Saisonsieg, 24:21 (11:13) hieß es am Ende. „Es war das erwartet schwierige Spiel für uns“, bilanzierte Trainer Ceven Klatt: „Um so glücklicher sind wir natürlich, dass wir am Ende dennoch gewinnen konnten.“

Nach fünf Fehlwürfen in den ersten sieben Minuten lagen die Neusser schnell mit 1:5 im Hintertreffen. Klatt nahm eine frühe Auszeit, und angetrieben von Spielmacher Daniel Pankofer fanden die Gäste nun besser in die Partie. Beim 8:8 nach einer Viertelstunde gelang Felix Handschke der erste Ausgleich. Doch viel besser wurde es in Sachen Chancenverwertung auch danach nicht. Aus dem 11:13-Halbzeitrückstand wurde deshalb schnell ein 12:16 (36.).

Doch der Tabellenführer steckte nicht auf. „Ich bin heute unglaublich stolz auf mein Team. Die Jungs haben tollen Charakter bewiesen und sich trotz des Drucks und des Rückstandes immer wieder herangekämpft“, freute sich Klatt über die Energieleistung.