Kritik der Apothekerkammer Nordrhein Apothekensterben nimmt zu – auch Neuss betroffen

Neuss · Ende 1999 gab es in Nordrhein noch über 2000 Apotheken. Seitdem haben 574 Filialen geschlossen – und es werden immer mehr. Auch Neuss ist vom Apothekensterben betroffen.

Aus Protest gegen die Bedingungen hatten Apotheken bereits im Juni und November des vergangenen Jahres geschlossen.

Foto: dpa/Sven Hoppe

Immer weniger Apothekerinnen und Apotheker sind bereit, sich selbstständig zu machen. Immer öfter müssen Betriebe ohne Nachfolge schließen. Die Zahl der Apotheken in Nordrhein sinkt seit 1999, der Trend hält seit 24 Jahren an. „Zu geringe Honorierung, zu viel Bürokratie, nicht enden wollende Lieferengpässe, ein sich immer mehr verschärfender Fachkräftemangel – das alles macht es den Inhaberinnen und Inhabern schwer“, resümiert Armin Hoffmann, Präsident der Apothekerkammer Nordrhein beim Blick auf die jüngste Statistik.

Nach mehr als 44 Jahren musste die Südpark-Apotheke schließen

2023 haben im Kammerbezirk Nordrhein 48 Apotheken für immer geschlossen, dem gegenüber stehen lediglich 14 Neueröffnungen – 34 Betriebsstätten weniger im Kammerbezirk Nordrhein. Die Apothekerkammer Westfalen-Lippe verzeichnet im selben Zeitraum einen Rückgang von 49 Apotheken (53 Schließungen, vier Neueröffnungen). In Nordrhein haben die meisten Apotheken in Köln geschlossen (neun), gefolgt von Mettmann (vier) sowie Düren, Mönchengladbach und Neuss (jeweils drei).

Einer von ihnen ist Hans Jakob Goldstein, ehemals Inhaber der Südpark-Apotheke in Neuss. „Ich bin über 70 und habe die vergangenen zweieinhalb Jahre vergeblich versucht, Personal zu finden. Umsatz und Kostenstruktur waren in Ordnung – ich war mit drei Interessenten im Gespräch, wegen einer Übernahme der Apotheke. Aber als die gehört haben, dass es so schwer ist, Pharmazeutisch-technische Assistenten zu finden, haben sie Abstand davon genommen und ich musste die Apotheke schließen, nach mehr als 44 Jahren.“ So verschloss er im vergangenen Jahr am 20. Dezember die Türen zu seiner Apotheke.

Immer weniger Apotheken, das bedeutet in Konsequenz mehr Nacht- und Notdienste für die verbliebenen. In ländlichen Regionen werden die Wege für Patienten weiter. „Das darf so nicht weitergehen, Berlin muss endlich gegensteuern – aber bisher ist da nichts in Sicht“, betont Hoffmann.

 Auch mit Blick auf das Alter der Apotheker, die in Nordrhein durchschnittlich 60 Jahre oder älter sind, zeigt sich der Präsident der Apothekerkammer Nordrhein besorgt. „Das bedeutet, dass wir dringend junge Approbierte brauchen, die bereit sind, diese Apotheken früher oder später zu übernehmen“, so Hoffmann.

Angesichts der seit langem angespannten Lage sei damit zu rechnen, dass die Apotheken ihre Proteste in diesem Jahr weiter intensivieren werden. Bereits im Juni und November des vergangenen Jahres hatten sie jeweils an einem Mittwoch geschlossen, um zu demonstrieren.

(jus)