Erziehungsexperte kritisiert Kita-Pläne
Der Neusser Albert Wunsch plädiert dafür, dass Eltern Erziehungsgeld erhalten.
Neuss. Wenn Albert Wunsch von dem Bedarf an Kindertagesstättenplätzen für Kinder unter drei Jahren hört, dann ist er überzeugt, dass der Begriff „Wunsch“ nach weiteren Betreuungsplätzen eigentlich der richtigere wäre. Der Grund: „Ein Platz für ein Kind unter drei Jahren kostet ungefähr 1200 Euro im Monat. Eltern bezahlen dafür aber in der Regel zwischen 300 und 400 Euro. Der Rest wird subventioniert“, sagt Wunsch. Da die Deckung dieser Plätze 30 bis 40 Prozent betrage, hätten bis zu 70 Prozent der Eltern gar nichts davon. Also: Die einen profitieren, die anderen schauen sozusagen in die Röhre.
„Sinnvoll wäre es doch“, so Wunsch, „wenn alle Eltern mit einem bestimmten Betrag unterstützt würden. Diejenigen, die dann ihr Kind in die Betreuung geben wollen, müssten die Differenz aus der eigenen Tasche bezahlen.“ Wunsch ist überzeugt, dass dann die „Bedarfe“ rasch weniger würden. Außerdem glaubt er, dass die meisten Eltern gar nicht wissen, was ein Kita-Platz tatsächlich kostet. „Viele denken, mit dem, was sie zahlen, seien die Kosten gedeckt“, so Wunsch. Das sei nun aber keineswegs so.
Er sieht, dass das Jugendamt ständig unter Druck steht, weil immer mehr Eltern ihr Kind immer früher in eine Betreuung geben wollen. Die Verwaltung rotiere, um Jahr für Jahr neue Plätze zu schaffen. Ähnlich liefe das bei den Plätzen in den Offenen Ganztagsschulen. Denn auch die werden nicht von den Eltern allein bezahlt. Die Finanzierung basiert auf drei Säulen: Land, Kommune und Eltern. Der städtische Anteil liegt aktuell bei 400 Euro pro OGS-Platz. Und auch dort liegt für Albert Wunsch der Fehler darin, dass Eltern, die ihr Kind nicht in die Offene Ganztagsschule geben, nicht subventioniert werden. „Das bedeutet doch, dass die eigene Erziehung der Eltern offensichtlich nichts wert ist“, sagt er.
Aktuell stehen für Grundschüler in Neuss rund 3340 OGS-Plätze zur Verfügung, laut Schulverwaltungsamt sollen rund 1100 weitere entstehen. In den 91 Neusser Kindertagesstätten gibt es zurzeit 1303 Plätze für unter Dreijährige. Zusätzlich bieten 152 Tagesmütter und Tagesväter weitere 449 U3-Plätze an. Den Bedarf nach U3-Plätzen als Bildungsauftrag anzusehen, hält Wunsch für überzogen, er spricht von Versorgung.