Ex-Botschafter aus Israel spricht an der ISR

Zum Auftakt der Gesprächsreihe „Jüdisches Leben im Rhein-Kreis Neuss“ berichtete Avi Primor in einer packenden Geschichtsstunde von der Erklärung der Unabhängigkeit vor 70 Jahren.

Foto: Tinter

Neuss. Sein Amt als Botschafter seiens Landes hat Avi Primor offiziell 1999 aufgegeben — Sympathieträger seines Landes bleibt er aber offenbar auf Lebenszeit. Wer Montagabend die Gelegenheit hatte, dem inzwischen 83-Jährigen in der Internationalen Schule (ISR) zuzuhören, erlebte eine packende Geschichtsstunde, in die viel Persönliches eingewoben war.

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Und zu einem Zeitpunkt, an dem Israel die Erklärung der Unabhängigkeit vor 70 Jahren feiert, der US-Präsident Trump das Atomabkommen mit dem Iran aufgekündigt hat und gestern 37 Menschen im Gaza-Streifen den Tod fanden. Darauf wies Hausherr Peter Soliman bei seiner Begrüßung hin und ergänzte: „Aber kaum jemand wäre so geeignet, die Geschehnisse einzuordnen, wie Avi Primor.“

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Zustande gekommen war der Abend, der zugleich Auftaktveranstaltung der neuen Gesprächsreihe „Jüdisches Leben im Rhein-Kreis Neuss“ war, durch die Vermittlung der Konrad-Adenauer-Stiftung und des Neusser CDU-Landtagsabgeordneten Jörg Geerlings. Früher am Tag war Primor zu Gast bei Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) gewesen, wirkte in Neuss aber frisch, hielt seinen Vortrag völlig frei und in exzellentem Deutsch.

70 Jahre Israel feierte das Land gestern — ein Datum, das Primor bewusst miterlebte, feierte er doch als 13-Jähriger seine Bar Mizwa im Keller, „weil wir von der ägyptischen Luftwaffe bonbardiert wurden“, wie er sich erinnert.

Avi Primor, ehemaliger israelischer Botschafter

Im Jahr 1948 sei Israel kein schönes Land gewesen, sagt er. Und der Aufbau des Landes sei nicht sehr logisch abgelaufen, „denn Landwirtschaft ist keine jüdische Tradition“.

Primor setzte deutlich früher an, ging zurück bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts, und da seien es neben den Juden vor allem die Deutschen gewesen, die zum Aufbau des Lands beigetragen hätten: als die Templer-Bewegung aus Württemberg ins Heilige Land kam, um die auf die Wiederkehr Jesu vorzubereiten.

Gegen Ende des Ersten Weltkrieges sei es der deutsche Oberbefehlshaber gewesen, der eine Zerstörung Jerusalems durch die britischen Eroberer verhindert habe. Und nicht zuletzt die deutsche Wiedergutmachung nach dem Zweiten Weltkrieg habe es dem Staat Israel ermöglicht, die zahlreichen Flüchtlinge aufzunehmen und zu versorgen. „Wenn wir mit den Juden nicht zurecht kommen, kommen wir mit niemandem zurecht“, zitierte Primor sinngemäß den ersten deutschen Bundeskanzler Konrad Adenauer.

Dass er selbst, trotz der Ermordung seiner Familie mütterlicherseits durch die Nazis, auf Versöhnung setzt, wurde immer wieder deutlich. Das war anders, als er jung war. Damals hegte er „eine totale Abneigung gegen Deutschland“. Geändert habe sich dies erst durch persönliche Begegnungen mit Deutschen. Und so antwortete er auf die Frage, ob er eine Städtepartnerschaft zwischen Neuss und einer israelischen Stadt für sinnvoll halte: „Echte Freundschaft gibt es nicht zwischen Regierungen — die kommen und gehen —, sondern nur zwischen Menschen.“