Experte entschärft Fliegerbombe
Etwa 200 Anwohner mussten wegen der Fünf-Zentner-Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg ihre Häuser verlassen.
Neuss. In zwei Metern Tiefe, direkt neben der Latrine eines Gartenhäuschens, liegt die britische Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg. Aus rund 80 Meter Entfernung dreht Uwe Palmroth vom Kampfmittelräumdienst per Fernsteuerung und Videoüberwachung den Zünder heraus, verlädt die eigentliche Bombe mithilfe seiner Kollegen Stefan Höreth und Horst Schöwel auf einen Lastwagen und sprengt anschließend den abgetrennten Zünder samt Buchse und Detonator. Die Explosion um 20.37 Uhr ist bis zur Einsatzleitstelle auf dem Parkplatz des Hauptfriedhofs zu hören.
Die Bombe war am Dienstag bei Sondierungsarbeiten im Grabeland an der Steinhausstraße entdeckt worden. Dort soll der Parkplatz für das neue Demenzkompetenzzentrum entstehen. Zuvor hatte der Kampfmittelbeseitigungsdienst Luftbilder aus dem Krieg ausgewertet und an der Stelle der Kleingartensiedlung den Blindgänger vermutet. Eine Bodenbohrung bestätigte den Verdacht. Den neuen Bestimmungen der Bezirksregierung zufolge musste die Bombe noch am selben Tag unschädlich gemacht werden.
„Die Fernentschärfung dient unserer Sicherheit“, erklärt Palmroth. „Denn einer der gefährlichsten Momente ist es, wenn der Zünder von der Bombe entfernt wird.“ Die Vorsicht war auch angebracht. „Der Aufschlagzünder im Heckbereich war reichlich verrostet und sogar entsichert“, sagt der 46-jährige Düsseldorfer. „Warum die Bombe nicht hochgegangen ist, wissen wir nicht.“
Ab 19 Uhr sperrten Polizei und Ordnungsamt das Gebiet rund um den Bombenfundort. Betroffen waren rund 2500 Anwohner, einige Betriebe, die Bezirkssportanlage Stadtwald und eine Kleingartenanlage. Etwa 200 Anwohner, die in einem engeren Gefahrenbereich von rund 250 Meter um die Fundstelle wohnen, mussten ihre Wohnungen räumen. Die Aufenthaltsmöglichkeit in der Sporthalle des Marie-Curie-Gymnasiums nutzten aber nur wenige. Auf eine Kontrolle des evakuierten Gebietes durch einen Hubschrauber wurde verzichtet, da die Polizei ihn zeitgleich für die Verfolgung von Einbrechern in Neuss benötigte.
Die Bombenentschärfung hatte auch Auswirkungen auf den öffentlichen Nahverkehr. So konnte die Buslinie 848 zwischenzeitlich nicht durch den gesperrten Bereich rund um den Konrad-Adenauer-Ring fahren. Auch die S-Bahnen der Linie 28 zwischen Neuss und Kaarst mussten ihre Fahrten verkürzen und verkehrten nur zwischen Neuss Hauptbahnhof und Mettmann Stadtwald. „Eine Fernentschärfung dauert grundsätzlich etwa 30 Minuten“, erklärt Bombenexperte Uwe Palmroth. „Schließlich müssen die Geräte angebracht und Kabel verlegt werden.“ Zur Ausleuchtung des dunklen Kleingarten-Geländes stellte das Technische Hilfswerk drei so genannte „Power Moons“ — sehr helle Leuchtballons — zur Verfügung. „Mit drei bis vier von ihnen kann man einen Fußballplatz erleuchten“, berichtet Zugführer Martin Dropmann.