Fetzer bricht noch einmal ein
Fest erinnert an 2000 Jahre Stadtgeschichte.
Neuss. Zugegeben, es kostet Überwindung, sich auf ein Hochrad zu schwingen. 1,40 Meter, doch es funktioniert! Ein bisschen wacklig vielleicht, aber nostalgisch. Der Herr der großen Räder heißt Florian. Der Mönchengladbacher hält Hochräder und historisches Spielzeug für den Nachwuchs bereit, alles zum Ausprobieren. Seine eigene Jungfernfahrt vor 30 Jahren endete mit einem Sturz. Heute sorgt Florian dafür, dass Hochrad-Fans solche Erfahrungen erspart bleiben. Zum Beispiel beim historischen Stadtfest „Zeitsprünge“ am Samstag.
Vergangene Zeiten, wohin man blickt: Nur wenige Schritte entfernt gibt Josef Hommes, genannt „Orgels-Josef“ aus Dormagen, Gassenhauer von anno dazumal zum Besten. Von weiter her, aus Kiel, ist die Geschichtslehrerin Kinny Sebel angereist. Sie zeigt ein selbstgenähtes, aufwändiges Kleid nach einer Vorlage des 18. Jahrhunderts. Kinny Sebel ist zum ersten Mal bei dem „Zeitsprüngen“ dabei. Sie sagt: „Besonders gefällt mir das Konzept, verschiedene Jahrhunderte auf einer Veranstaltung darzustellen.“
Bewusst haben die Organisatoren von Neuss Marketing und ZIN für ihr Fest das Motto „Zeitsprünge“ gewählt, wie Citymanager Thomas Werz erläutert. Ein Stadtfest mit Neusser Charakter soll es sein, so hatten es die Planer beim Start vor zwei Jahren entschieden: stilvoll, mit ganz besonderer Livemusik (zwei Bläserensembles und ein Harfentrio) und voller Schlaglichter auf die über 2000-jährige Geschichte.
So stellten die Kletterer der Skihalle mit einer spektakulären Stuntshow den Rathauseinbruch des berüchtigten Räuberhauptmanns „Fetzer“ von 1796 nach — hoch oben an der Rathausfassade.
Auf dem Freithof hatten Kostümgruppen aus verschiedenen Epochen ihre Lager aufgeschlagen: Römer gleich neben Volk aus dem Mittelalter und preußischen sowie napoleonischen Truppen. Letztere waren sogar mit schwerem Geschütz gekommen und feuerten ein paar Kanonenschüsse ab. „Die freuen sich richtig, dass sie hier böllern dürfen. Das ist nämlich nicht überall gestattet“, verrät Thomas Werz.
Der Citymanager selbst hat die Idee der Zeitreise durch die Neusser Innenstadt mit einem Augenzwinkern weitergesponnen: Er warf sich in die Uniform des Enterprise-Offiziers Data, der in einer fernen Zukunft fremde Welten entdeckt. Zeitreisen funktionieren eben in mehr als eine Richtung.