Grevenbroich: Die Leichtigkeit des Steins

In der Versandhalle zeigt Künstler Jürgen Zaun sieben Arbeiten. Die teilweise riesigen Objekte spielen mit den Sehgewohnheiten.

Grevenbroich. Jürgen Zaun bringt die Steine zum Schweben. Scheinbar schwerelos sind die Findlinge, lediglich Holzbohlen und filigrane Stahlkonstruktionen halten sie in der Luft.

Seit Sonntag sind sieben von Zauns Arbeiten in der Versandhalle zu sehen. Es ist eine übersichtliche Auswahl, die indes völlig ausreicht, um den ganzen Saal zu beleben. Denn die Objekte, teils mehrere Meter hoch und frei im Raum stehend, beanspruchen viel Raum und die volle Aufmerksamkeit der Betrachter.

Jürgen Zaun, 1959 geboren, lebt und arbeitet in Neuss. Als ausgebildeter Steinbildhauer hat er das Material von der Pike auf kennengelernt. Die Quintessenz dieser Erfahrungen: Steine sind schwer und liegen auf dem Boden. Aber sollte das wirklich schon alles gewesen sein? Natürlich nicht, erzählt der Künstler.

Auf ebenso spielerische wie handwerklich souveräne Weise, begann er das Material in einen anderen Zusammenhang zu bringen, experimentiert bis heute mit "Dialogen der Materialien", wie es der langjährige Alte-Post-Leiter Thomas Brandt in seiner Einführung formulierte.

So alltäglich sich die Liste der Dialogpartner liest - Holz und Stein, Metall und Stein - so gründlich gelingt es dem Künstler, die Erwartungen zu konterkarieren. Und das ist gut so, erklärt Zaun: "Es geht darum, die eigenen Sehgewohnheiten zu ändern und die eigenen Positionen im Allgemeinen zu hinterfragen."

Die Objekte machen neugierig, reizen einerseits zur Berührung und halten den Betrachter dennoch auf respektvolle Distanz. Andererseits aber trägt gerade das Wissen um die fragile Balance zur Faszination der Objekte bei.

Wohl nirgends in der Ausstellung zeigt sich dies deutlicher als in folgender Konstruktion: Unten an der Wand befestigt, verläuft ein Stahlträger schräg nach oben. Aber nicht in gerader Linie, sondern in einem eleganten Schwung, denn vorne auf der Spitze liegt ein Findling. Trotz der Stabilität ist die Konstruktion erstaunlich flexibel. Schon geringe Erschütterungen, etwa die Schritte der Betrachter auf dem Parkettboden, lassen das Objekt wie einen Seismografen erzittern.

Bewegung und Schweben, der Dialog zwischen Halten und Gehaltenwerden, ziehen sich durch die gesamte Ausstellung, meint Thomas Brandt: "Liegenlassen heißt sich dem Tod hinzugeben."

“ Die Ausstellung läuft bis Sonntag, 3. Oktober; Öffnungszeiten der Versandhalle: donnerstags bis sonntags von 13 bis 16 Uhr.