Grevenbroich: Vorhänge werden weiter untersucht

Infoveranstaltung: Stadt nimmt Stoffproben in Schulen, Gestank-Ursache weiter unbekannt.

Grevenbroich. Die Vorhänge bleiben weiter in Verdacht, die Atemwegsbeschwerden bei einer dritten Klasse der Gebrüder-Grimm-Grundschule in Wevelinghoven ausgelöst zu haben. "Die Raumluft im entsprechenden Klassenzimmer wurde während der Osterferien, während des Schulbetriebs und jetzt, wo die Vorhänge entfernt worden sind, gemessen", berichtete Dezernent Claus Ropertz bei einem Informationsabend mit Eltern betroffener Kinder und in Anwesenheit von Bürgermeisterin Ursula Kwasny am Montagabend. Entsprechende Proben der Vorhänge wurden eingeschickt.

Viele besorgte Blicke gingen hinaus auf den Schulhof und hinüber zu dem Klassentrakt, dessen Räume nun geschlossen sind. "Natürlich sind wir besorgt. Umso mehr erhoffen wir uns, dass wir Näheres darüber hören, was die Stadt nun plant", sagt Birgit Nassenstein, deren Tochter Lara (9) in dem Klassenraum unterrichtet wurde. Seit Herbst hatte die Schülerin über starken Husten geklagt, musste ein Cortisonspray nehmen. Kein Einzelfall. Beinahe die gesamte Klasse klagte über ähnliche asthmatische Beschwerden.

Sicherheitsingenieur Klaus Gähl berichtet, dass auch von anderen Schulen Proben an ein Münchener Institut zur weiteren Analyse geschickt wurden. "Die Ergebnisse werden in etwa einer Woche vorliegen." Auf 120 Kohlenwasserstoffe und Formaldehyd wurden die Vorhänge und die Raumluft untersucht. "Allesamt ohne Ergebnis." Fündig wurde man jedoch bei zwei Substanzen, Phenol und Kresol. Beides wird in Kunststoffen und Harzen verwendet. Gähl: "Wir wissen noch nicht genau, wo es herkommt. Wenn es sich in den Vorhängen befunden hat, dann besteht die Möglichkeit, dass sich bei Sonneneinstrahlung und der entsprechenden Wärme durch das Trikresylphosphat, ein Phosporsäureester der Kresole, Phenol abgespalten hat."

Schon ab einer sehr geringen Menge von etwa 20 Mikrogramm pro Kubikmeter Raumluft, so Gähl, sei diese Substanz zu riechen. Gesundheitsschädlich sei sie deswegen jedoch nicht. Am Arbeitsplatz sei gesetzlich sogar ein sehr viel höherer Wert.

Erst bei einer permanenten Einatmung von 20 Mikrogramm über einen Zeitraum von 13 Jahren hinweg müsse mit Schwindel, Erbrechen, Kopfschmerzen und Nierenschäden gerechnet werden, erklärte Michael Dörr, Leiter des Gesundheitsamtes des Rhein-Kreises Neuss. "Und wir liegen in diesem Klassenraum bei einem Mikrogramm."

Auf die Frage einer Mutter, ob denn die Kinder von der Stadt für Simulanten gehalten würden, erklärte er: "Die Wahrnehmung und Reaktion ist bei jedem Menschen verschieden. Es kann sein, dass sich viele in dem Raum aufhalten und gar nichts spüren, andere bemerken die Substanz schon vor der Klassenzimmertür."

Bürgermeisterin Ursula Kwasny versprach, die Stadt werde der Ursache weiter nachgehen, wenn sich herausstellen sollte, dass die auslösenden Substanzen nicht aus den Vorhängen stammen sollten. "Ich bin dankbar für die vielen Briefe, die ich von Ihnen erhalten habe. Wir sind Ihnen diese umfassenden Untersuchungen schuldig, bis wir die Ursache gefunden haben."

Claus Ropertz ging sogar noch einen Schritt weiter: "Wir werden das Unterste zu oberst kehren, bis wir wissen, was es war." Ute Marx, deren Tochter Dana die Klasse besucht, bleibt kritisch: "Ich bin zufrieden mit diesem Abend. Es hat in dem Raum erbärmlich gestunken, nur von einer Geruchsbelästigung konnte da keine Rede mehr sein. Doch alles Weitere muss jetzt abgewartet werden."