Öffentliche Aufträge nur an Unternehmen, die nach Tarif bezahlen: Diese Forderung kann DGB-Landeschefin Anja Weber am 1. Mai direkt bei Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) platzieren. Beide wollen bei der 1. Mai-Kundgebung in Siegburg sprechen. Vor genau einem Jahr habe Wüst ein Tariftreuegesetz versprochen, erklärte Weber. „Wir werden langsam aber sicher ungeduldig“, fügte sie vor der landesweiten Veranstaltung hinzu.
Auf den DGB-Veranstaltungen zum 1. Mai werde das Thema im Mittelpunkt stehen. In Reden und mit Schilderaktionen werde es bei den Kundgebungen präsent sein. „Außerdem ist eine Postkartenaktion geplant, die sich an den Ministerpräsidenten richtet“, schilderte Weber. Auf allen Mai-Veranstaltungen des DGB könnten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer Postkarten unterschreiben mit dem Text: „Jetzt für NRW ein Tariftreuegesetz, das wirkt!“
Studie: Nur 51 Prozent der Beschäftigten in NRW arbeiten mit Tarifvertrag
Weber verwies darauf, dass immer weniger Beschäftigte in NRW unter dem Schutz eines Tarifvertrages arbeiteten. Der DGB hatte im März Zahlen aus einer Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung veröffentlicht, wonach nur noch gut die Hälfte (51 Prozent) der Beschäftigten im bevölkerungsreichsten Bundesland 2023 mit einem Tarifvertrag arbeiteten. Vor rund 30 Jahren seien hingegen noch 82 Prozent der Beschäftigten nach Tarif entlohnt worden.
Die Landesregierung habe einen wichtigen Hebel in der Hand, in dem sie jetzt ein Tariftreuegesetz für Nordrhein-Westfalen auf den Weg bringe. Das würde bedeuten: „Öffentliche Aufträge dürfen dann nur noch an Unternehmen vergeben werden, die nach Tarif bezahlen.“ Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in NRW bräuchten wieder Sicherheit und neue Perspektiven. Der Schlüssel für gute Arbeitsbedingungen seien Tarifverträge, verdeutlichte sie.
Mehrere Politiker zu Kundgebungen am 1. Mai erwartet
Angesichts der anhaltenden Wirtschaftskrise müssten Bundes- und Landesregierung die Rahmenbedingungen schaffen, damit es wieder vorangehe. Der CDU/SPD-Koalitionsvertrag auf Bundesebene und das Sondervermögen für Infrastruktur böten wichtige Chancen. Die Landesregierung müsse dafür sorgen, dass das Geld, das nach NRW fließe, vor allem den Kommunen zur Verfügung gestellt werde, für Investitionen etwa in Schulen und Nahverkehr.
Die rund 70 Veranstaltungen des DGB in Nordrhein-Westfalen zum diesjährigen 1. Mai stehen unter dem Motto „Mach dich stark mit uns“. Nach Angaben des DGB NRW werden neben Siegburg auch an anderen Orten Politiker erwartet zu den Kundgebungen am 1. Mai. Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne) in Gelsenkirchen, die geschäftsführende Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) in Hamm und Gregor Gysi (Die Linke) in Solingen zählen dazu.
© dpa-infocom, dpa:250429-930-476440/1