Hermann Spix über Josef Ippers: Kein Leben ohne Schreiben
Autor Hermann Spix würdigt Leben und Werk seines Freundes und Kollegen Josef Ippers.
Neuss. Josef Ippers? Muss man den kennen? Häufig hat Hermann Spix diese Frage gehört, wenn er im Buchhandel nach den Werken seines 1989 verstorbenen Freundes und Schriftstellerkollegen fragte. Ja, muss man, ist Spix überzeugt und hat Ippers (geboren 1932) nun ein Buch gewidmet. „Ich will in viele Leben schlüpfen“ lautet der Titel und Spix nennt es eine „Annäherung an den Schriftsteller Josef Ippers“.
Fast 20 Jahre waren sie befreundet und doch musste Spix bei der Arbeit zum Buch feststellen, wie wenig er den Freund doch eigentlich gekannt hat. Je tiefer er durch seine Recherchen in dessen Lebensgeschichte vordringt, desto mehr Fragen und Widersprüche tauchen auf.
Die Biografie Ippers’ ist wechselhaft und voller Sprünge. Spix verschweigt eine Vorstrafe des Freundes wegen versuchten Raubes ebenso wenig wie dessen Flucht vor seiner Verantwortung als junger Familienvater. Ippers war heimlich zu einer Monate dauernden Reise nach Nordafrika aufgebrochen, während seine Frau mit dem dritten Kind schwanger, in völliger Ungewissheit und mittellos in der Neusser Heimat saß.
Solche Berichte und darüber hinaus Einblicke in Ippers lieblose Kindheit, offenbaren einen zerrissenen, rastlosen Charakter, der in seinem Leben jedoch zwei Konstanten hatte: Ehefrau Maria und die unbedingte Leidenschaft zum Schreiben. Diese „Schreiblust“ wie Spix es formuliert, zieht sich durch Ippers ganzes Leben, ist ihm Last und Segen zugleich. In frühester Jugend versucht man ihm die Lust am Fabulieren mit Schlägen auszutreiben, schlussendlich führt sie ihn sogar in die Bonner Jugendpsychiatrie.
Doch für Ippers ist klar „Es gibt kein Leben ohne Schreiben“ (so auch der Titel eines 1977 über ihn gedrehten Filmporträts des Regisseurs Heinrich Breloer). Er arbeitet als Schriftsetzer, Versicherungsagent, am Schmelzofen der Nievenheimer Zinkhütte, oder als Lagerarbeiter. Alles was der Familie das Auskommen sichert, ist recht. Der Schriftstellerei bleibt er dennoch treu.
Ende der 60er Jahre nimmt er Kontakt zur Dortmunder Gruppe 61 auf, einem Zusammenschluss von Schriftstellern wie Max von der Grün, Günter Wallraff, Klas Ewert Ewerwyn und dem Dortmunder Bibliotheksdirektor Fritz Hüser. Die Gruppe setzte sich zum Ziel, schriftstellerisch tätige Arbeiter mit Lektoren, Kritikern und Journalisten zusammenzubringen. Als sich aus dieser Gruppe der Werkkreis „Literatur der Arbeitswelt“ abspaltet, findet Ippers endlich die Unterstützung, die seinem Schaffen jahrelang gefehlt hat.
1971 erscheint mit „Arabesken oder Friedhof der Winde“ Ippers erstes Buch. Da liegen bereits 27 lange Jahre des Schreibens hinter ihm und doch beginnt eigentlich erst jetzt sein Leben als Autor. Zahlreiche Romane, Erzählungen, Jugendbücher, Reportagen und Fernsehdrehbücher folgen.
Spix beschreibt, wie die Zugehörigkeit zum Werkkreis auch zu einer zwiespältigen Angelegenheit für Ippers wurde. Kritikern aus den eigenen Reihen war sein Roman „Am Kanthaken“ nicht klassenkämpferisch genug. Ippers selber sah sich jedoch auch nie als Klassenkämpfer, sondern immer nur als Erzähler. Auf der anderen Seite wurde Ippers in seiner Neusser Heimat vorgeworfen, seine Kunst für den politischen Kampf zu missbrauchen. Beide Auseinandersetzungen mit seinem Werk hätten Ippers schwer zu schaffen gemacht.
Hermann Spix ist mit „Ich will in viele Leben schlüpfen“ nicht bloß eine respektvolle und behutsame Annäherung an seinen Freund gelungen. Das Buch fängt auch ein gutes Stück Zeitkolorit der politisch so bewegten 70er Jahre und ihrer Debatten ein.
“ „Ich will in viele Leben schlüpfen“, Damwerth-Verlag, 124 Seiten, 14,95 Euro.