IHK fürchtet um den Kohlestrom

Die Kammern hoffen, die Kohlekommision von der Bedeutung energieintensiver Betriebe in der Region zu überzeugen.

Foto: Hydro

Neuss. Wenn es in einem Haushalt für 50 Millisekunden zu Netzschwankungen bei der Stromversorgung kommt, nimmt das der Bewohner am Flackern einer Glühbirne wahr. Eine Netzschwankung von 50 Millisekunden in einem Walzwerk hat dagegen weitreichende Folgen: Sie kann wegen der extrem empfindlichen Anlagen zum Produktionsausfall führen und erhebliche Kosten erzeugen.

Für die energieintensive Industrie gibt es derzeit keine Alternative zur Kohleverstromung, weil die Speicherleistung und auch die Technik der erneuerbaren Energien die Anforderungen für eine stabile Stromversorgung noch nicht erfüllen. Deshalb ist die Arbeit der sogenannten Kohlekommission, die jetzt von der Bundesregierung eingesetzt wurde, für die Region von hoher Bedeutung. Ihre Mitglieder sollen einen Plan zur schrittweisen Beendigung der Kohleverstromung vorlegen.

Jürgen Steinmetz, IHK-Hauptgeschäftsführer Mittlerer Niederrhein

Die Industrie bekennt sich zu den Klimazielen und auch zum Strukturwandel, doch müsse dieser mit ihnen gestaltet werden. Um den Stellenwert ihres Wertschöpfungsfaktors Energie in den Regionen herauszuheben, gaben die IHK der drei Regionen beim Institut Frontier Economics eine Studie in Auftrag. Jürgen Steinmetz, Hauptgeschäftsführer der IHK Mittlerer Niederrhein, appelliert an die Politik und die Kommission, diese ernstzunehmen: „Es geht nicht nur um die Abschaltung einiger Kraftwerke. Es geht um diejenigen, die den dort erzeugten Strom benötigen, um Güter, Wertschöpfung und Arbeitsplätze zu schaffen. Das sind bei uns besonders viele, und sie sind zu jeder Zeit auf eine sichere und bezahlbare Stromversorgung angewiesen.“

Laut Studie liegt der Anteil der energieintensiven Industrien an der Wertschöpfung des verarbeitenden Gewerbes in den drei Regionen bei 29 Prozent (Bund: 15 Prozent). „Diese Branchen sind für den Arbeitsmarkt von großer Bedeutung“, sagt IHK-Geschäftsführer Ron Brinitzer: „In unserer Region sind mit 35 137 Mitarbeitern rund 8,6 Prozent aller Beschäftigten in energieintensiven Branchen tätig.“

Die 32,4 Milliarden Euro Umsatz der energieintensiven Industrie führen zu 39,8 Milliarden Euro Umsatz für die Gesamtregion und 81 Milliarden auf Bundesebene. Das belebt den Arbeitsmarkt, denn wie aus der Studie hervorgeht, gibt es rund 125 200 Beschäftigte in den drei IHK-Bezirken dank der energieintensiven Unternehmen. Noch größer ist der Effekt auf Bundesebene, weil viele der Firmen in lange Wertschöpfungsketten eingebunden sind. Die 93 300 Beschäftigten der Region führen zu einer Beschäftigung von rund 324 500 Menschen.