Jugendamt: Mehr Kinder im Heim und in Pflege

Die Ausgaben für die Hilfe zur Erziehung steigen an. Das ist allgemeiner Trend.

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Neuss. Die Meldung ist nur wenige Zeilen lang, es ist eine Nachricht unter vielen zur derzeitigen Haushaltslage. „Im Bereich der Hilfe zur Erziehung ist ein stetiger Anstieg des Fallvolumens zu verzeichnen“, heißt es da. Jugend- und Sozialdezernent Stefan Hahn erwartet gegenüber den geplanten Ausgaben für dieses Jahr Mehraufwendungen in Höhe von 3,2 Millionen Euro.

Dahinter steht ein vielschichtiger und komplexer Themenbereich. Es geht um Familien und Alleinerziehende, die mit der Erziehung ihrer Kinder aus den unterschiedlichsten Gründen überfordert sind. Die Hilfen der Stadt reichen von Beratung und Therapien bis zur Unterbringung außerhalb der Familie, wenn zu Hause tatsächlich nichts mehr geht.

Fest steht: Die Kostensteigerung markiert keine allgemeine Verschlechterung der Lage in Neuss. Und im Vergleich zu anderen Städten mit ähnlicher Sozialstruktur steht Neuss deutlich besser da. Jugendamtsleiter Markus Hübner fasste es Freitag zusammen: Trotz des im Vergleich sehr guten Stands sei man nicht zufrieden.

Die in dem Bereich „Hilfe zur Erziehung“ tätigen etwa 30 Mitarbeiter des Jugendamts gehen Hinweisen aus Kitas und Schulen, von der Polizei und Ärzten nach, hier besteht mittlerweile ein gut erprobtes Netzwerk. Auch aus der Bevölkerung, meist von Nachbarn, kommen Anrufe. „Wir sind froh über jeden Hinweis“, sagt Ursula Gondorf, zuständige Abteilungsleiterin beim Jugendamt.

Gibt es einen solchen Hinweis, nehmen die von Hahn Freitag hoch gelobten Mitarbeiter Kontakt zu den Familien auf und wägen — möglichst gemeinsam — ab, wie auf Dauer ein Zusammenleben aller Familienmitglieder ermöglicht werden kann. Ziel sei immer die Sicherstellung des Kinderwohls, betont Stefan Hahn. Das kann durch vielfältige Beratung, sozialpädagogische Familienhilfe oder Familientherapien erreicht werden, die dann von weiteren Fachkräften außerhalb der Stadtverwaltung übernommen werden.

Die Herausnahme aus der Familie mit Unterbringung im Heim oder bei Pflegefamilien — immer begleitet von den städtischen Mitarbeitern — ist das letzte Mittel. Hier steigen die Zahlen ebenso wie bei den ambulanten Hilfen: So ist es in Neuss, so ist der Trend auch im Land und im Bund.

Es gebe in diesem komplexen Bereich einfache Kausalitäten ebenso wenig wie einfache Lösungen, sagt Jugenddezernent Stefan Hahn. Junge überforderte Familien mit oft vielen Kindern, immer häufiger psychisch kranke Eltern sowie Kinder und Jugendliche mit massiven Verhaltensauffälligkeiten sind Ursachen für die Inanspruchnahme der Hilfe. Es gebe höhere Fallzahlen, auch weil die Sensibilität wachse und mehr Fälle bekanntwerden, sagt Markus Hübner, es gebe aber auch schwerere Fälle. Mittlerweile sind Heimplätze nur noch mit Mühe zu finden.