Kaarster gesteht: Überfall in Frankreich war erfunden

Der 66-Jährige sollte am Montag einem Haftrichter vorgeführt werden. In Frankreich drohen ihm nun sechs Monate Haft und eine Geldstrafe wegen der Anzeige erfundener Taten.

Paris. Es mag eine schwere Last gewesen sein, die der 66- Jährige sichschließlich von der Seele geredet hat. Seit zwei Tagen lag der Mann ausKaarst bei Düsseldorf schwer verletzt in einem südfranzösischenKrankenhaus.

Anfangs beteuerte er, dass ein Mann ihn mit einem Messerangegriffen habe, als er nach seiner Frau suchen wollte. Doch dannbrach es aus ihm heraus: Seine Frau habe Selbstmord begangen, und erhabe dies vertuschen wollen, um den Sohn und die Tochter zu schützen.

„Jeder, der die Last einer solchen Lüge trägt, ist irgendwann soweit,dass er die Wahrheit sagen muss“, sagte der Staatsanwalt von Nîmes,Robert Gelli, der Zeitung „La Provence“.

Seine Frau habe an einer rheumatischen Krankheit gelitten, die ihr mehrund mehr zu schaffen machte, sagte ihr Mann. Sie sei zu 80 Prozentbehindert gewesen. Vor zwei Wochen war sie plötzlich verschwunden.

IhrMann fand einen Abschiedsbrief. Seine Frau wollte ihrem Leben ein Endesetzen, aber wo und wie sagte sie nicht. Er machte sich auf die Sucheund fuhr die Radwege am Rhein ab, die sie häufig benutzt hatte.Schließlich entdeckte er ihr Fahrrad irgendwo am Ufer. Von seiner Fraukeine Spur.

Der 66-Jährige brachte es nicht über sich, die Polizei zu informieren.Für den nächsten Tag war eine große Familienfeier geplant. Erentschuldigte sich damit, dass er mit der 60-Jährigen in den Südenfahren wollte, um ihre Stimmung aufzubessern.

In der Nähe von Tarasconbei Arles inszenierte er dann nach eigener Aussage den Überfall. DerTäter sei zwischen 40 und 50 Jahre alt gewesen und habe ihn mit einemMesser angegriffen, erzählte er der Polizei. Der Ehemann wies soschwere Schnittverletzungen auf, dass der Staatsanwaltschaft die Theseeines Überfalls zunächst für glaubhaft hielt.

Die Polizei suchte tagelang mit Hubschraubern, Suchhunden und Tauchernnach der Frau und ließ sogar das Wasser eines Nebenkanals der Rhône ab.Ohne Erfolg. Zahlreiche Fragen blieben offen:

Wie sollte einpotenzieller Angreifer die stabil gebaute 60-Jährige weggeschaffthaben? Warum wollte die Frau in der freien Natur austreten, wie ihrMann behauptete, anstatt das nächste Café anzufahren?

Schließlich widerrief der Ehemann seine erste Version und gestand, dasser dies alles erfunden habe. Tatsächlich habe er sich selbst ein Messerin die Brust gerammt. Die Tatwaffe habe er anschließend in den Flussgeworfen.

Der 66-Jährige sollte am Montag einem Haftrichter vorgeführtwerden. In Frankreich drohen ihm nun sechs Monate Haft und eineGeldstrafe wegen der Anzeige erfundener Taten. In Tarascon herrschtunterdessen Erleichterung, dass nun vermutlich doch keinGewaltverbrecher in der Gegend auf freiem Fuß ist.

Die deutschen Behörden haben ihrerseits Ermittlungen aufgenommen - nochgibt es keinerlei Beweise für die These vom Selbstmord und demerfundenen Überfall, sondern lediglich die Aussage des Ehemanns.

Sollteseine Frau sich bereits vor zwei Wochen in den Rhein geworfen haben,dürfte es schwierig sein, die Leiche zu finden und die Ereignisse zurekonstruieren.