Käßmann wirbt in Kaarst für einen Dialog der Religionen
Die Botschafterin für das Reformationsjubiläum 2017 hielt einen Vortrag am Georg-Büchner-Gymnasium.
Kaarst. Margot Käßmann sorgt auch an einem Freitagnachmittag für volle Säle. Mehr als 400 Menschen wollten ihren Vortrag über „Reformation und Ökumene“ in der Aula des Georg-Büchner-Gymnasiums hören. Als Botschafterin für das Reformationsjubiläum 2017 wirbt sie für beides. Es sei das erste Jubiläum, bei dem man die Ökumene überhaupt kenne, so Käßmann. Vor 100 Jahren sei dies nicht der Fall gewesen. Die ehemalige Ratsvorsitzende der evangelischen Kirche in Deutschland war auf Einladung des Verbands der Katholiken in Wirtschaft und Verwaltung (KKV) nach Kaarst gekommen.
Mit Anekdoten und geschichtlichen Exkursen sorgte sie für Kurzweil beim Publikum. Historiker könnten leidenschaftlich darüber diskutieren, ob Luther seine 95 Thesen tatsächlich ans Portal der Schlosskirche gehämmert habe. Käßmann: „Die neueste Theorie ist, er habe sie mit Bienenwachs geklebt.“ Als man den 500. Geburtstag von Martin Luther feierte, habe man darüber gestritten, ob er West- oder Ostdeutscher gewesen sei.
Generell gilt Luther als Symbolfigur der Reformation und der 31. Oktober 1517 als symbolträchtiges Datum. „Der Tag war der reformatorische Durchbruch. Der Beginn geht weiter zurück“, sagte die KKV-Vorsitzende Ulrike Nienhaus in ihrer Einleitung. Die Veranstaltung sei ein weiterer Baustein der gelebten Ökumene in Kaarst.
Bürgermeister Franz-Josef Moormann spürt, wie dies vor allem aus der Gesellschaft heraus geschieht. „Es gibt ein großes Bedürfnis der Menschen, religiöse Empfindungen aufzunehmen und auszudrücken“, betonte er. Dissens und Konsens im ethischen Bereich seien die Herausforderungen der Ökumene, sagte Pfarrer Peter Seul. Pastorin Annette Begemann befand: „Die Anerkennung der evangelischen Kirche durch die katholische treibt uns immer noch um.“
Margot Käßmann nannte zahlreiche Herausforderungen: den kritischer Rückblick auf die Geschichte, zunehmende Kirchenverdrossenheit, Bildungsgerechtigkeit und -teilhabe wie auch die Globalisierung. „Die evangelischen Christen schotten sich zu sehr in ihrer europäischen Welt ab“, sagte sie. Teil der Ökumene müssten heutzutage auch Juden und Muslime sein. „Der Dialog miteinander gehört zu unseren christlichen Grundüberzeugungen“, so die 56-Jährige. Bei den Protestanten drohe bei Meinungsverschiedenheiten allerdings immer auch die Spaltung. Ihre Warnung untermauerte sie mit Verweis auf die Katholiken, die ihre „Eine-Welt-Kirche“ hochhalten würden. Ein Lob sprach sie Papst Franziskus aus: Er sei genial. „Er findet Symbole, die auch Protestanten bewegen“, sagte sie.
Das Jahr 2017 ist auch das erste Reformationsjubiläum mit einer klaren Trennung von Staat und Kirche. Trotz dieser Freiheit müsse die Kirche widerständig in der Gesellschaft bleiben, so Käßmann. Verschiedenheit und theologische Differenzen dürfe es geben. Ihre Botschaft: „Die Kirche muss sich immer wieder reformieren.“