Kirche will Gebäudeflächen reduzieren
Im Seelsorgebereich Vollrather Höhe drohen Einschnitte bei den Gebäuden. Bei der Vorstellung das Konzeptes übten die Allrather Kritik.
Grevenbroich. Auf den Seelsorgebereich Vollrather Höhe kommen drastische Einschnitte bei den kirchlichen Gebäuden zu. In vier der sechs katholischen Gemeinden sollen Gotteshäuser oder andere Bauten abgerissen, verkauft oder umgebaut werden. Der Pfarrverband stellte in einer Versammlung das neue Gebäudekonzept vor, an dem Kirchengremien mit Unterstützung des Architekturbüros Brück & Dürkopp ein Jahr gearbeitet hatten. Das Interesse bei der Versammlung jetzt war groß: Rund 180 Besucher waren in die Allrather Kirche gekommen. Zahlreiche Allrather protestierten energisch gegen den Plan, ihr Gotteshaus abzureißen. Aber auch der Barrensteiner Kirche, für die Gemeinde zu groß, droht der Abriss. Kathrin Hassels von „Allrath aktiv sprach vom „Kahlschlag in Allrath und Barrenstein“. Ein anderer Besucher erklärte: „Wenn die Kirche sich immer weiter zurückzieht, muss sie sich nicht wundern, wenn die Gläubigen nicht mehr da sind.“
Anlass für das Konzept: „Das Gewand der Immobilien ist für die Situation im Seelsorgebereich zu groß geworden“, erklärte Leitender Pfarrer Jos Houben. Im Vordergrund müsse die Frage stehen: „Wie kann Kirche im Seelsorgebereich gelebt werden?“ In zehn Jahren ist die Zahl der Mitglieder um 1350 gesunken, die Zahl der Gottesdienstbesucher um 20 Prozent zurückgegangen. Auf der anderen Seite steigen Kosten für Gebäude-Unterhaltung und Sanierung. Auf rund 13 Millionen Euro wird der Aufwand in den nächsten 15 Jahren geschätzt.
Frank Reintgen, regionaler Fachberater in der Hauptabteilung Seelsorge im Erzbischöflichen Generalvikariat, befürchtet zudem eine Verschlechterung der Einnahmen im Erzbistum. „Planen sie möglichst bald. Ich weiß nicht, ob für Ideen in einigen Jahren noch Ressourcen zur Verfügung stehen wird“, empfahl er. Und Reintgen betonte: „In jedem der sechs Orte soll auch in Zukunft gemeindliches Leben möglich sein, soll es Raum für Liturgie und Versammlungen geben.“ Doch in mehreren Pfarren müssen sich die Gläubigen, wenn das Konzept so umgesetzt wird, von Vertrautem verabschieden. Vieles wird kleiner. Die Pläne:
Für die Südstadt-Pfarre sieht das Konzept den Abriss des gesamten Pfarrheims, des Jugendtreffs GOT und der Küsterwohnung vor. Das GOT soll einen kleineren Neubau erhalten, auch für die Kita sollen Gebäudeteile neu errichtet werden. Versammlungsräume sollen in der denkmalgeschützten Kirche entstehen
Nach den Konzept-Plänen soll das erst vor rund 50 Jahren errichtete Kirchenschiff ebenso wie Pfarrheim und Küsterwohnung abgerissen werden. Als Ersatz ist ein kleines Pfarrzentrum geplant. Der denkmalgeschützte Allrather Kirchturm bleibt stehen.
Auch die Barrensteiner müssen nach den Konzept-Vorschlägen von ihrem Gotteshaus Abschied nehmen. Die Kapelle soll erhalten bleiben, eventuell auch der Kirchturm. Auch dort sind neue, kleinere Versammlungsflächen geplant.
In Neurath soll das Pfarrhaus aufgegeben werden, stattdessen sollen Versammlungsräume in der Kirche entstehen. „Es gibt bei uns aber auch noch andere Überlegungen“, erklärte ein Neurather Kirchenvorstandsmitglied am Rand der Veranstaltung.
Die Kirchen in Frimmersdorf und Neuenhausen, wo bereits neue Pfarrzentren entstanden sind, sind nicht oder kaum betroffen. Trotz der erforderlichen Baumaßnahmen sollen mit den vorgeschlagenen Maßnahmen die Kosten für Gebäudeunterhaltung und Sanierung in den nächsten 15 Jahren um etwa 4,5 Millionen Euro reduziert werden.
Pfarrer Houben betonte, „dass noch nichts entschieden ist“. Zurzeit würden Kirchenvorstände Beschlüsse fassen, um in Köln Genehmigungen zu beantragen, auf dem geplanten Weg fortzufahren. In der Allrather Kirche waren aber viele Zuhörer überzeugt, dass das Konzept schon „beschlossene Sache“ ist. Vor allem Bewohner des Dorfes meldeten sich zu Wort. „Allrath aktiv“-Vorsitzender Rolf Esser und andere machten deutlich, wie sehr die Bewohner an „ihrer“ Kirche hängen und dafür gespendet haben“, allein für den Bau hätten Allrather 100 000 Mark zusammengebracht.
„Macht es Sinn, 2017 das 900-jährige Kirchenbestehen zu feiern, wenn ein paar Jahre später die Kirche nicht mehr steht“, so Esser. „Was passiert, wenn der Kölner Dom zu groß wird, wird er auch abgerissen?“, fragte Helmut Klougt. Der Vorschlag von Esser und anderen: Das Gotteshaus erhalten und im Inneren Versammlungsflächen „einbauen“. Diese Variante soll geprüft werden. Laut Reintgen könnte diese Möglichkeit in den Antrag ans Erzbistum aufgenommen werden. „Das ist ein Hoffnungsschimmer für die Kirche“, sagte Rolf Esser.