Kommunahlwahl: Ärger über Halbmond-Logo und nachfolgendes „PR-Desasaster“
Empörung bei Diskussion im Kardinal-Bea-Haus.
Neuss. Der Saal im Kardinal-Bea-Haus an der Furtherhofstraße ist überfüllt. Dicht gedrängt stehen und sitzen die Menschen, die über das „C“ im Namen der CDU diskutieren wollen. Und auch: Über die Aktion des türkischstämmigen Ratskandidaten, der Stofftaschen mit dem Halbmond im CDU-Logo verteilen ließ — eine Tatsache, die mittlerweile bundesweit verbreitet ist. Wie zu erwarten, sind auf Einladung des Ratsherrn Sebastian Rosen vor allem die gekommen, die um die christliche Identität ihrer Partei in Neuss fürchten.
„Da muss man ja fast Angst haben“, sagt eine Frau, als einige wohl türkischstämmige Besucher Platz suchen. Und als zu Beginn des Vortrags von Michael Hesemann, Vatikan-Kenner und Ufo-Forscher, ein Handy-Klingelton mit arabischer Melodie ertönt, sagt der Referent düster: „Jetzt ruft der Muezzin zum Gebet.“
Die Sachlichkeit wird oft beschworen, Rosen wie Hesemann sprechen von muslimischen Freunden, vom „guten fleißigen türkischen Arbeiter“ oder den Werten des Islam, doch die Stimmung im Saal gereizt.
Dazu trägt auch der Referent bei. Der hält einen langen Vortrag über die Bedeutung des Halbmonds, spricht über die Unterschiede im Verhältnis zur Gewalt in Islam und Christentum, führt den Völkermord an den Armeniern an und verweist darauf, dass sich die Türkei dem bis heute nicht stelle. „Ein solcher Staat darf nicht als Mitglied der EU gehandelt werden“, sagt und erhält Beifall. Auch zum Neusser Fall äußert sich der Kirchenhistoriker. Traurig sei es, wenn der Kandidat die Schuld auf einen türkischen Drucker abwälze. Man müsse schon fragen, ob er wählbar und für seine Partei tragbar sei.
Weder der Kandidat Yasar Calik noch Parteichef Jörg Geerlings („das ist keine CDU-Veranstaltung“) sind der Einladung Rosens gefolgt. So übernimmt Heinz Günther Hüsch, „Altmeister“ Neusser CDU, den Versuch zu deeskalieren. Wegen 200 verteilten Taschen mit verfremdetem Logo könne wohl kaum der Grundsatz der Partei in Zweifel gezogen werden, sagt der 84-Jährige und fügt an: „Sind wir doch mal ein bisschen selbstbewusster.“ Doch an diesem Abend dringt er nicht durch. Sie sei total entsetzt, sagt eine Frau, ein Mann spricht von einem PR-Desaster, ein anderer unterstellt, die Aktion sei wohl kaum ein Alleingang gewesen, und erhält Beifall. Monsignore Wilfried Korfmacher fragt nachdenklich, ob hier wohl geschwiegen werde, um mehrheitsfähig zu bleiben. Er ergänzt: „Wäre da der Mut zur Opposition nicht fruchtbarer?“