Kreis ist für Olympia in der Region
Der Kreisausschuss will Versuche unterstützen, die Olympischen Spiele 2028 ins Rheinland zu holen.
Rhein-Kreis. Die Olympische Flamme in Rio war noch nicht erloschen, da war die Diskussion in NRW schon voll entbrannt — mit Fortsetzung jetzt im Kreisausschuss: Am Ende stand ein Kompromiss, dem bis auf Grüne und Linke alle Fraktionen zustimmten. Das Ergebnis: Der Rhein-Kreis macht sich stark für eine Olympia-Bewerbung, die die Spiele in die Region holt.
Landrat Hans-Jürgen Petrauschke soll jetzt in Gesprächen mit den Städten Düsseldorf und Köln ausloten, welche Chancen mit einer Olympiabewerbung auch für den Rhein-Kreis verbunden sein könnten. Kontrovers diskutiert wurde über den möglichen Austragungsort der Olympischen Spiele 2028. Im Antrag von CDU und FDP war die Rede von der „Metropolregion Rheinland“. Die SPD hingegen forderte in einem Änderungsantrag eine Olympia-Bewerbung für eine Region „Rhein-Ruhr-Olympic-City“. „Sich auf das Rheinland zu konzentrieren, wäre zu engstirnig“, kritisierte Rainer Thiel (SPD). Das Rheinland sei stark mit seinen Nachbarn, eine aussichtsreiche Olympiabewerbung ohne das Ruhrgebiet mit seinen attraktiven Sportstätten undenkbar.
Petrauschke hatte Bedenken: Bei einer „Rhein-Ruhr-Bewerbung“ würden Düsseldorf und Köln nicht mehr im Vordergrund stehen. Normalerweise seien Olympia-Bewerbungen mit dem Namen einer Stadt verbunden. CDU-Fraktionschef Dieter Welsink ebnete den Weg zum Kompromiss: Im Antrag ist jetzt nicht mehr die Rede von Rheinland oder Rhein-Ruhr, sondern nur noch von „unserer Region“. „Das Thema braucht breite Unterstützung“, sagte Welsink. Wenn auch nur eine geringe Chance bestehe, die Olympischen Spiele in oder in die Nähe des Rhein-Kreises zu holen, müsse sich Politik dafür möglichst geschlossen stark machen. Die Voraussetzungen für die Spiele im Rheinland sind, so Welsink, gut: Die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 oder auch Kanu-World-Cup-Veranstaltungen seien erfolgreich ausgerichtet worden. 70 Prozent der Sportstätten für Olympische Spiele seien vorhanden, 21 Olympia-Anlagen existierten bereits in der Region. Es müsse also nur in beschränktem Umfang neu gebaut werden.
Bürgermeister Reiner Breuer begrüßt die Diskussion. „Wenn man es wirklich will“, so Breuer, sei man sicher gut beraten, sich frühzeitig mit dem Thema zu beschäftigen. „Als Bewerbung für den Aktenschrank oder politischen Zinnober, den ich meine erkennen zu können, ist mir das Thema aber zu schade.“
Gösta Müller, Geschäftsführer des Neusser Stadtsportverbandes, spricht sich für eine Olympiabewerbung aus, macht jedoch auf die große europäische Konkurrenz aufmerksam. „Städten wie Rom oder Paris räume ich große Chancen ein“, sagt Müller. Innerhalb Deutschlands habe das Rhein-Ruhr-Gebiet als großes Ballungszentrum jedoch gute Chancen. Neuss liege in dieser Region zwar „mittendrin“, um wirklich als olympischer Austragungsort in Frage zu kommen, müsse die Infrastruktur jedoch nachgebessert werden. Für die Quirinusstadt könne er sich Sportarten wie Bogenschießen vorstellen, auch beim Handball sieht er Entwicklungspotenzial. „Aber ein Endspiel wird in Neuss sicherlich nicht stattfinden“, sagt Müller.
Durch Investitionen in die Infrastruktur im Vorfeld Olympischer Spiele kann der Rhein-Kreis nach Ansicht von Kreis-CDU und Kreis-FDP enorm profitieren. Die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft würde gestärkt, Arbeitsplätze könnten gesichert werden. Gleichzeitig sei das Thema geeignet, Kinder und Jugendliche noch mehr für Sport zu begeistern. Breiten- und Leistungssport würden Impulse für mehr Professionalität bekommen.
Das alles, so Rainer Thiel, geht aber nur mit breiter Unterstützung aus der Bevölkerung. Und die sei, das zeigten verlorene Volksabstimmungen zu Olympiabewerbungen in München und Hamburg, nicht mehr selbstverständlich. Auf Wunsch der SPD wurde deshalb noch ein Zusatz in den Olympia-Antrag aufgenommen: „Der Kreisausschuss ist sich bewusst, dass dafür zuallererst die Menschen gewonnen werden müssen.“ Dass das gelingen könnte, bezweifelten die Grünen: „Der Antrag ist ein Schnellschuss“, sagte ihr Fraktionschef Erhard Demmer. Korruption, Doping, hohe Kosten — dies alles seien Probleme, die das Olympische Komitee erst lösen müsse. Kirsten Eickler (Die Linke) sah es ähnlich und verwies auf enorme Kostensteigerungen bei der Ausrichtung der Londoner Spiele 2012. Auch das Argument, dass 70 Prozent der Sportstätten vorhanden sein sollen, ließ sie nicht gelten: „Entsprechen die denn 2028 noch den olympischen Richtlinien?“
Für Welsink war das kein Argument: „Selbst wenn es so wäre: Müssten wir uns dann nicht gerade für eine Bewerbung stark machen?“ Kreis und Region wollten doch auch in Zukunft Sportstätten von höchstem Standard nutzen. Mit Investitionen in einer zehn- bis zwölfjährigen Vorbereitungszeit auf die Spiele könne dies gesichert werden. Und natürlich, so Welsink, gelte es Korruption und Doping zu bekämpfen. „Wenn nicht in Deutschland, wo dann?“ Wenn es starken Regionen wie dem Rheinland nicht mehr gelinge, die Menschen für die olympische Idee zu begeistern, wanderten die Spiele auf Jahrzehnte in wirtschaftlich schwache oder totalitäre Staaten ab.