Napp greift durch: Christiane Zangs verliert Kultur-Ressort

Bürgermeister Herbert Napp wirft der Beigeordneten vor, an ihm vorbei Politik gemacht und Verwaltungswissen weitergegeben zu haben. Er selbst ist jetzt neuer Ressortchef. Die Dezernentin schweigt.

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Neuss. Die Beigeordnete Christiane Zangs musste gestern Nachmittag die Teilnahme an einer Sitzung des Freundes- und Förderkreises der sogenannten Mack-Kapelle absagen. Kurzfristig und ohne Angabe von Gründen. Was hätte Sie auch sagen sollen? Dass sie nicht mehr für die Kultur zuständig ist? Denn genau das ist der Fall. Bürgermeister Herbert Napp ließ ihr das gestern früh durch eine Mitarbeiterin ausrichten. Ohne Begründung, aber mit Eintrag in die Personalakte. Er selbst hat erst am Dienstag-Nachmittag Zeit für ein Vier-Augen-Gespräch. Dann gilt schon ein neuer Dezernatsverteilungsplan. Neuer Ressortchef Kultur: der Bürgermeister. Für Schule und Bildung bleibt Zangs weiter zuständig.

Herbert Napp, Bürgermeister

Der große Krach im Rathaus nahm seinen Anfang im nicht-öffentlichen Teil der jüngsten Ratssitzung. Es ging um die Frage, in welcher Höhe Planungskosten für einen Anbau an das Clemens-Sels-Museum zu bewilligen seien, damit eine als Schenkung angebotene wertvolle Jugendstilsammlung angenommen und untergebracht werden kann. Die Verwaltung bat um 89 991,58 Euro für eine sogenannte „kleine“ Lösung, doch im Rat beantragte Hedwig Claes (Grüne) mehr —zur Überprüfung einer großen Lösung, die die Verwaltung geprüft, aber nicht zur Abstimmung gestellt hatte. Und: Claes wusste bis auf die Stellen hinter dem Komma genau, welchen Betrag der Architekt für dieses erweiterte Mandat haben will. „Diese Zahl kannten nur ganz wenige“, sagt Napp. Für ihn ist klar: Zangs hat geplaudert. Sie habe Verwaltungswissen weitergegeben und — die im Verwaltungsvorstand gefasste Position ignorierend — so auf die Politik eingewirkt, dass die zu einer anderen Entscheidung kam. „Das kann ich ihr nicht durchgehen lassen“, sagt Napp. „Auch mein Nachfolger wird so etwas nicht komisch finden.“

Der äußerte sich in der Tat im Chor der empörten Stadtverordneten sehr zurückhaltend. Er könne Napps Entscheidung so nur zur Kenntnis nehmen, werde aber nach seinem Dienstantritt am 21. Oktober dessen Vorwürfen gegenüber Zangs nachgehen, sagt der designierte Bürgermeister Reiner Breuer. Aber selbst für den Fall, dass diese zuträfen, scheine ihm die Bestrafung der Beigeordneten unverhältnismäßig, fügt er hinzu. Die angegriffene Dezernentin selbst schweigt: „Kein Kommentar“.

Andere reagierten ganz anders auf diese Personalentscheidung drei Wochen vor Napps Dienstzeitende als Verwaltungschef. Von einem Skandal spricht Hartmut Rohmer (SPD). Napps Verärgerung sei völlig unbegründet, erklärt der kulturpolitische Sprecher. Seine Fraktion — einschließlich designiertem Bürgermeister — hätte sich auch dafür ausgesprochen, mehr Geld in die Planung zu geben, um so vielleicht fortzusetzen, was seit 2004 als unerledigte Chefsache liegen geblieben war: die Erweiterung des Museums, also über die Schenkung hinaus. Auch CDU-Frontfrau Helga Koenemann zeigt sich irritiert und kann Zangs’ Degradierung nicht verstehen. „Wir entscheiden, wie viel Geld wir einstellen — und nicht der Verwaltungsvorstand“, sagt Koenemann. Sie selbst habe sich von Zangs große wie kleine Lösung erläutern lassen, sagt sie. „Das erwarte ich auch von der Verwaltung.“