Napp: „Mietobergrenzen in Neuss sind weltfremd“
Bürgermeister heizt Streit mit Kreis um grundsicherungsrelevanten Mietspiegel weiter an.
Neuss. Die Boxhandschuhe, die Kreissozialdezernent Jürgen Steinmetz beim letzten Pressegespräch zur Neufestsetzung des grundsicherungsrelevanten Mietspiegels offensiv auf den Tisch gelegt hatte, habe er lieber gleich zu Hause gelassen, flachste Bürgermeister Herbert Napp bei einem am Mittwochnachmittag anberaumten Termin zur Sache.
Der Stadtchef will mit anderen Mitteln kämpfen und — so sieht es seiner Einschätzung zumindest derzeit aus — den Betroffenen in einem möglichen Klageverfahren beratend zur Seite stehen und sie moralisch unterstützen.
Hintergrund: Stadt und Kreis streiten seit Monaten um die Mietobergrenzen im sozialen Wohnungsbau. Neuss drängt darauf, den Mietspiegel wieder zu ändern und die Mietwerte mit einer stärkeren Gewichtung des tatsächlichen Angebotes auf dem Neusser Wohnungsmarkt angemessen zu erhöhen.
Um dieser Forderung Nachdruck zu verleihen, hatte der Hauptausschuss im November einstimmig eine entsprechende Resolution verabschiedet. Doch die verhallte im Kreis ohne großes Echo.
Der Kreis will bei seinen Erhebungen zu Bestandsmieten und den Angeboten bleiben, wie Jürgen Steinmetz am Mittwoch im Vorfeld erneut betonte: „Die Datenbasis belegt, dass wir den Grundsatz nicht infrage stellen“, sagte Steinmetz, jeder Einzelfall werde aber genau geprüft. „Wir müssen erst einmal sechs Monate abwarten. Der Bürgermeister liegt mit seinen Schlussfolgerungen daneben, wir schicken keinen in die Obdachlosigkeit.“
Napp hingegen sieht massive Nachteile für die Stadt — wie große Probleme auf dem Wohnungsmarkt und eine finanzielle Mehrbelastung. Die neuen Mietobergrenzen seien im Vergleich zu anderen Städten und Gemeinden „völlig weltfremd“. Vor allem bei den mittleren Wohnlagen gebe es ein gewaltiges Gefälle (siehe Tabelle).
Das habe nicht nur Auswirkungen auf die Betroffenen, sondern auch auf die Vermieter. „In Neuss haben wir einen Nachfragemarkt. Wir schränken die Leute gleich zweimal ein“, ärgert sich Napp. Zum einen bleibe man signifikant unter dem gängigen Mietpreisspiegel, zum anderen seien die Wohnungen im Schnitt sieben Quadratmeter zu klein. Man wolle in Neuss menschenwürdiges Wohnen und ein soziales Miteinander anbieten.
2200 Leistungsempfänger für SGB XII gebe es in Neuss. Bislang seien 576 Fälle überprüft worden. 53 Betroffene seien zur Mietkostensenkung aufgefordert worden, bei 126 sei eine Senkung nicht sinnvoll. In drei Fällen seien die Voraussetzungen falsch berechnet worden, sagt Napp.
Bislang habe die Stadt 800 Beratungsgespräche geführt, 19 Interessenten hätte man keine Wohnung zur Verfügung stellen können.