Ärger um den Mietspiegel
Kreis und Stadt streiten um Mietobergrenzen. Kreis-Sozialdezernent unbeeindruckt von Resolution aus Neuss.
Neuss. Der Streit zieht sich seit Monaten hin, jetzt ist er eskaliert. Geht der neue Mietpreisspiegel des Kreises für Hartz-IV-Empfänger und Bezieher von Sozialhilfe an den Verhältnissen in Neuss vorbei und weist deutlich zu niedrige Mietobergrenzen auf? Gibt es, wie die Neusser Stadtverwaltung sagt, gar kein entsprechendes Angebot auf dem Markt? Oder ist die ganze Aufregung in der Stadt völlig unverständlich und ein Angebot zu niedrigen Mieten durchaus vorhanden, wie der Kreis hervorhebt?
Nach einer Resolution der Neusser Politik, der Kreis möge den Mietspiegel noch einmal ändern, sah sich Kreis-Sozialdezernent Jürgen Steinmetz am Montag genötigt, zu einem „klärenden Pressegespräch“ die Boxhandschuhe auf den Tisch zu legen. Er sei bereit, „Schläge auszuteilen — aber mit Fakten“.
Dennoch kam Steinmetz auch aufs Grundsätzliche: Man lasse sich die Kompetenz als sozialer Kreis nicht absprechen, „und wir entlasten nicht den Kreishaushalt zulasten der Städte und Gemeinden.“ Fakt sei allerdings, dass der Kreis bisher Mieten erstattet habe, die über dem durchschnittlichen Mietpreis lagen. Steinmetz verteidigte die Erhebungen des Kreises zu Bestandsmieten und den Angeboten.
Im übrigen gebe es im Mietpreisspiegel ein eigenes Cluster für die Stadt Neuss. Ein zu den neuen, abgesenkten Mietobergrenzen passendes Angebot auf dem Wohnungsmarkt sehe er durchaus. Ein Blick ins Internet zeige, dass in allen Segmenten passende Angebote verfügbar seien.
Zudem gebe es bisher — der neue Spiegel ist seit 1. August in Kraft — weniger als 2 Prozent so genannter Aufforderungsverfahren. Allerdings ist auch erst ein Bruchteil der 9500 Betroffenen überprüft. Die Angeschriebenen müssen ihre Mietkosten senken, was in der Regel einen Umzug bedeutet. Steinmetz verweist darauf, dass ein solches Verfahren nicht die Kündigung bedeute: Es gebe Fristen, und jeder Einzelfall werde geprüft.
Das beruhigt die Stadt allerdings nicht. Sozialdezernent Stefan Hahn verweist auf zahlreiche Rückmeldungen von Betroffenen, die keine entsprechende Wohnung finden. Es reiche nicht, wenn der Kreis nur den Wohnungsbestand gewichte. Es müsse auch das tatsächliche Angebot gewertet werden.
Den Appell der Neusser Politik an den Kreis, die Richtlinien kurzfristig zu ändern, weist Jürgen Steinmetz als „nicht nachvollziehbar“ zurück. Er gehe „locker, flockig, offensiv“ mit dem Thema um und sehe keinen Grund, kurzfristig etwas zu ändern. Im kommenden Jahr würden die Zahlen ohnehin überprüft.