Festakt zum Jubiläumsjahr Seit 200 Jahren Kitt und Seele der Stadt Neuss
Neuss · Es war eine würdevolle und unterhaltsame Feier im Zeughaus: Ministerpräsident Hendrik Wüst überbrachte Glückwünsche zum Jubeljahr des Neusser Bürger-Schützen-Vereins. Schützenkönig Christoph Heusgen erzählte, was ihn persönlich bewegt – und plauderte aus dem politischen Nähkästchen.
Die Herbstsonne schien durch die hohen Fenster in den voll besetzten Saal des Zeughauses am Freithof. Hier, wo einst die Observanten ihre Messen feierten, wurde am Sonntag ein ganz besonderes Jubiläum zelebriert. Vor 200 Jahren gründete eine Handvoll Neusser Junggesellen den Bürger-Schützen-Verein in ihrer kleinen Stadt am Rhein. Wer hätte gedacht, was sich daraus entwickeln sollte?
Als Ehrengast und Gratulant kam zum 200. Geburtstag des Vereins Ministerpräsident Hendrik Wüst ins Zeughaus. Auch die ehemaligen Spitzenpolitiker Rita Süssmuth (Bundestagspräsidentin a.D., Neusser Ehrenbürgerin) und Hermann Gröhe (Bundesminister a.D.) waren da, ebenso wie die stellvertretende Landrätin Katharina Reinhold und natürlich der amtierende Schützenkönig, seine Majestät Christoph Heusgen. Mit viel Humor und Kurzweil moderierte Wolfram Kons den Festakt: „Wer braucht die Berliner Philharmoniker, wenn man den Musikverein Holzheim hat“, fragte Kons mit einem Augenzwinkern. In der Tat spielten die Holzheimer auf sehr hohem Niveau unter der Leitung von Armin Jakobi.
Ministerpräsident Wüst wurde bei seiner Ankunft auf dem Freithof von einer Delegation kleiner Nachwuchsschützen begrüßt. Die Kinder der Leoschule auf der Furth liefen schon zum Schützenfest bei der erstmals stattfindenden Kinderparade mit. In Uniformen des Further Fanfarenkorps und mit selbst gebastelten Blumenhörnern waren sie es dann auch, die zum Auftakt der Feier die Bühne betraten. Auf die Frage der Kinder, wie viele Orden man brauche, um Schützenkönig zu werden, antwortete Heusgen lachend: „Keinen einzigen! Man muss Neuss und das Schützenwesen im Herzen haben, dann kann man König werden.“
NBSV-Präsident Martin Flecken begrüßte sodann die hohe Festversammlung und ganz besonders die Vertreter der Schulen und Kindergärten mit den Worten, die Neusser Schützen müssten sich offensichtlich keine Sorgen um die Zukunft machen. Die Kinderparade sei ein voller Erfolg gewesen – und hoffentlich fortan ein fester Bestandteil dieser bereits 200 Jahre andauernden Geschichte und des Festes, das alle Neusserinnen und Neusser verbindet. „Das Neusser Bürger-Schützenfest ist immer auch Klassentreffen, Familientreffen und Stadttreffen“, so Flecken.
Besonderen Gruß von Wüst
an alle Nüsser Röskens
Ministerpräsident Wüst, selbst Jakobi-Schütze in seiner münsterländischen Heimatstadt Rhede, fand in seiner Festansprache kluge, humorvolle und bewegende Töne. Er fragte unter anderem, was das Wort Heimat bedeute: „Heimat ist eines der schönsten Worte der deutschen Sprache, aber auch eines der kompliziertesten.“ Das Schützenwesen könne mit seiner integrierenden Kraft und seinem starken Miteinander ein Stück Heimat sein. „Als Teil unserer Identität gibt sie uns Halt und Geborgenheit.“
Wüst überbrachte auch einen besonderen Gruß an alle Nüsser Röskens, „die sich – noch – im Hintergrund halten.“ Und er erwähnte auch besonders den unterlegenen Königsanwärter Bernd Römgens, der vor drei Jahren den Schützenzug Nüsser Divergenten gründete und jüdischen Glaubens ist. „Das zeigt, zu welcher Vielfalt und Offenheit man fähig ist, wenn man fest auf dem Boden der Traditionen steht“, so Wüst, der zum Dank für seine treffenden Worte einen Königsorden erhielt.
Mit der „Festlichen Hommage an das Quirinuslied“, feierte der Musikverein Holzheim eine kleine Uraufführung – die Partitur bekam der NBSV als Geburtstagsgeschenk überreicht. Bürgermeister Reiner Breuer betonte wie seine Vorredner, dass das Schützenwesen von seiner Offenheit lebe: „Wir sind eine vielfältige und tolerante Stadt, und das soll auch so bleiben.“
Auch die stellvertretende Landrätin Katharina Rheinhold überbrachte Glückwünsche, ebenso wie Britta Spies, Leiterin des Neusser Schützenmuseums, die einen spannenden Blick auf 200 Jahre Schützengeschichte warf. Nach einer humoristischen und viel beklatschten Einlage des Theaters am Schlachthof, sprachen der amtierende König, sein Rivale an der Vogelstange, Bernd Römgens (die beiden verstehen sich mittlerweile hervorragend), und der jüngste Schützenkönig, den Neuss jemals hatte, der ehemalige Bürgermeister Herbert Napp. Dabei plauderte Heusgen, der lange Jahre als engster Berater der Bundeskanzlerin tätig war, aus dem politischen Nähkästchen. Selbst Angela Merkel, die in den späten Augusttagen immer wieder zahlreiche Neusser im Kanzleramt vermisste, habe mittlerweile ihren Frieden mit dem Neusser Schützenfest gemacht, versicherte Heusgen. Gäste und Schützen waren sich bei diesem Festakt einig: 200 Jahre sind ein ganz schönes Alter, aber das Neusser Schützenwesen ist so jung und lebensfroh wie eh und je.