Neusser Bauverein Bauverein setzt auf Künstliche Intelligenz beim Heizen
Neuss · Der größte Akteur im Neusser Wohnungsmarkt stellt seinen Mietern eine Entlastung bei den Nebenkosten in Aussicht – ohne selbst investieren zu müssen. Denn sein Geld will der Bauverein anders einsetzen.
„Die Wärme im Griff“: Mit diesem Motto warb vor Jahren ein Hersteller für Thermostatventile. Aber was, wenn man gar nicht mehr selbst am Heizungsventil drehen muss? Was, wenn Künstliche Intelligenz (KI) – ganz ohne Komforteinbußen – die Temperatur in der Wohnung ebenso wie beim Warmwasser regelt? Dann, sagt Dirk Reimann als Geschäftsführer des Neusser Bauvereins, spart das Geld, hilft dem Klima – und der Gebäudewirtschaft, ihren Wohnungsbestand energieeffizient zu machen. Aus diesen Gründen geht das Wohnungsunternehmen die Sache jetzt an und lässt noch vor Beginn der Heizperiode modellhaft die Heizungsanlagen für mehr als 4000 Wohnungen nachrüsten – und den Rest dann im kommenden Jahr.
15 bis 20 Prozent weniger Energieverbrauch garantiert das Mannheimer Unternehmen „Paul Tech“, mit dem sich der Bauverein handelseinig geworden ist, durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz zur kontinuierlichen Heizungssteuerung. „Das bringt den Mietern eine Entlastung bei den Nebenkosten“, sagt der Aufsichtsratsvorsitzende Heinrich Thiel am Montagabend bei Vorstellung der Bilanz für 2022. Und das, ohne dass der Bauverein dafür in großem Stil investieren muss. Denn Paul Tech geht in Vorleistung und sieht seinen ersten Cent erst dann auf dem Konto, wenn ein Einspareffekt nachgewiesen ist.
„Wir können jeden Euro auch nur einmal ausgeben“, sagt Reimann, der mit dem Bauverein vor drei Herausforderungen steht: Den Bestand von aktuell 7414 Wohnungen in Schuss halten, einen Beitrag zum Klimaschutz leisten – und neue Wohnungen bauen. Letzteres hat für Thiel, Reimann und ihre Truppe aktuell die höchste Priorität. Denn der Wohnungsmarkt in Neuss ist angespannt, der Bedarf groß und die Interessentenliste beim Bauverein mit rund 2000 Namen lang.
Dass viele Investoren der Wohnungswirtschaft nicht mehr bauen, kommt für Reimann einer Bankrotterklärung gleich. Natürlich würden steigende Zinsen, hohe Energiepreise und nach wie vor hohe Preise in der Bauwirtschaft abschreckend wirken, gibt Reimann zu, doch damit müsse man eben umgehen. Für den Bauverein heißt das: In kleineren Schritten vorankommen – aber gegebene Bauversprechen halten. Und: Über Standards reden.
Geschäftsführung und Aufsichtsrat werden der Gesellschafterversammlung – also der Stadt – vermutlich noch im November Vorschläge machen, wie man sich das etwa für den Augustinus-Park auf dem Gelände des ehemaligen Alexianer-Krankenhauses vorstellen könnte. „Warum schon ein Quartierszentrum bauen, wenn es das Quartier noch nicht gibt?“, fragt Reimann beispielsweise. Warum in jedem Mehrfamilienhaus einen teuren Aufzug bauen, wenn man auf oberen Etagen auch von Haus zu Haus gehen könnte? Warum Tiefgaragen nicht größer denken, wo doch die Einfahrbauwerke die meisten Kosten verursachen? Er werde auch die Frage zur Diskussion stellen, ob man den Wunsch der Politik nach begrünten Dächern nicht später erfüllt und beim Hausbau das dafür Nötige erst einmal nur vorinstalliert, kündigt Reimann an. „Man muss Prioritäten setzen.“
Stellen will Reimann diese Fragen vor allem mit Blick auf den Gebäuderiegel, der an der Ecke Augustinusstraße/Berghäuschensweg entstehen wird. Erstens, weil gleich gegenüber das Neubauviertel auf dem Gelände der Sauerkrautfabrik Leuchtenberg schon bezogen ist. Und zweitens, weil sich der Bauverein, wie es Reimann formuliert, „zur Landesgartenschau als leistungsfähiger Bauträger präsentieren will“. Wer über den Scheibendamm die große Laga-Runde von der Rennbahn zum Rheinpark dreht, soll auf der anderen Straßenseite keine Baustelle mehr sehen.
Unter dem Dach der Neusser Bau und Immobilienmanagement GmbH (NBI) ist der Bauverein nicht mehr nur zuständig für Wohnraum und die Quartiersentwicklung, sondern heute auch für Sonderprojekte wie die Feuerwache Neuss-Süd. Diese Zusatzaufgabe sei diskutiert worden, sagt Thiel, „der Bauverein hat sich damit aber nicht übernommen.“