Neuss: Demo gegen Schulschließung
Viele Betroffene üben harsche Kritik an den Plänen der Verwaltung. Sie wollen sich mit Aktionen zur Wehr setzen.
Neuss. Mit einer tiefgreifenden Umstrukturierung der Schullandschaft reagiert Bürgermeister Herbert Napp auf sinkende Schülerzahlen. Die Verwaltung will in der Nordstadt eine dritte Gesamtschule errichten, sechs Schulen sollen geschlossen werden: Die Reformpläne stoßen bei den Schulen auf unterschiedliche Reaktionen. Noch bis zum 20. September haben sie Zeit, gegenüber der Schulverwaltung Stellung zu beziehen. Vor allem in den beiden betroffenen Grundschulen wächst der Widerstand gegen die geplante Schließung.
Die Barbaraschule will am Samstag mit einer Demo in der Innenstadt gegen die drohende Auflösung protestieren. Treffpunkt ist um 10 Uhr vor der Hauptpost am Marienkirchplatz. Der Protestzug zieht über Krefelder Straße, Niederstraße und Büchel zum Rathaus und dann wieder zurück zum Kaufhof. Dort soll eine Kundgebung stattfinden. Anschließend marschieren Eltern, Lehrer und Schüler zurück zum Schulgelände, wo um 14 Uhr das Stadtteilfest beginnt. Die Organisatoren rechnen mit 400 Demonstranten. Organisiert wird die Protestveranstaltung von der Pädagogischen Leiterin der OGS, Marita Richter. Unterstützt wird sie von Caritas, Awo und der Schulpflegschaft unter Petra Ajdarpasic, die mit ihren Mitstreitern bereits 2006 durch hartnäckigen Protest eine Schließung der Grundschule abwenden konnte. Der Rat hatte damals mit knapper Mehrheit den Auflösungsbeschluss rückgängig gemacht.
Auch die St.-Hubertusschule kämpft ums Überleben. Eine Unterschriftenaktion läuft bereits, in der Ladenzeile an der Bergheimer Straße wollen die Eltern am Samstag ab 10 Uhr einen Infostand aufbauen. Am 20. September soll es eine Protestveranstaltung in der Innenstadt für den Erhalt der Grundschule geben. "Die Kinder haben ideale Lernbedingungen, die Schule ist aktiv und wird gut angenommen. Warum ist unser Elternwille weniger wert als der anderswo?", fasst Dietmar Kramer, Mitglied der Schulpflegschaft, die Sorgen vieler Eltern zusammen.
Der Stadtelternrat will sich am Dienstag treffen. "Es muss ganz genau geprüft werden, ob die Zahlen stimmen, mit denen die Schulverwaltung rechnet", sagt Hermann Loosen, Vorsitzender des Stadtelternrats. "Mit einer sukzessiven Auflösung der Hauptschule an der Gnadentaler Allee in drei bis vier Jahren sind wir nur dann einverstanden, wenn alles sozialverträglich abläuft und wir die weitere Zukunft der Schule selbst mitgestalten können", so Loosen. "Wir haben traurige Kinder auf dem Schulhof, aber die Schulverwaltung hat starke Argumente."
"Wir wollen mit einer Unterschriftenaktion gegen die Schließung angehen", erklärt Barbara Beuer, Schulpflegschaftsvorsitzende der Mildred-Scheel-Realschule für Mädchen. Über weitere Aktionen soll eine Sitzung der Elternratsmitglieder entscheiden. "Es gibt einfach zu viele Gründe, die gegen eine Schließung unserer Einrichtung sprechen." Welche das sind, legt Schulleiter Wilhelm Conrads dar: "Viele Mädchen brauchen diesen Schonraum, in dem ein Unterricht ohne Jungen gewährleistet ist."
Vor allem im Bereich der naturwissenschaftlichen Fächer habe sich dies bewährt: "Bei Projekten werden Themen, die sonst gerne von Jungs dominiert werden, auch für Mädchen zugänglich." Auch der Aspekt der Integration dürfe nicht außer Acht gelassen werden. "Viele Mädchen aus Migrantenfamilien sind durchaus lernwillig und wollen hart an ihrer Bildung arbeiten. In einer reinen Mädchenklasse, so erleben wir es immer wieder, ist das möglich." Zwar habe Bürgermeister Napp, so Conrads, diesen Aspekt auch erkannt. "Aber seine Zusicherung, in der zukünftigen Gesamtschule eine reine Mädchenklasse zu bilden, zeugt von Unkenntnis, da in Gesamtschulen zumindest in der Oberstufe das Kurssystem vorherrschend ist."