Neuss: Frauen mit Kampfgeist
Beim PSV lernen Frauen, sich gegen sexuelle Übergriffe und Gewalt zur Wehr zu setzen.
Neuss. Die Frau mit der wilden Lockenmähne holt aus und verpasst ihrem Gegenüber mit flacher Hand immer wieder Schläge ins Gesicht. Als der Mann sie von hinten zu fassen kriegt, tritt sie ihm energisch gegen das Schienbein. Die Frau ist Sandra Saturno.
Der Mann, der heute einen so genannten Fist-Anzug trägt, der ihn vor Schlägen am Körper und Gesicht schützt, ist Joaquin Funes Perez. Beide sind Trainer beim Polizeisportverein Neuss 1961 (PSV) und führen den Teilnehmerinnen des Selbstverteidigungskurses einige Abwehrtechniken vor.
Die Teilnehmerinnen sind zwischen 14 und 65 Jahren alt. "Da freut sich selbst die Schüchternste darauf", versichert Saturno. Die Frauen lernen nicht nur, sich körperlich zur Wehr zu setzen. Ein anderer, wichtiger Teil ist die Selbstbehauptung durch Körpersprache.
Die Teilnehmerinnen erarbeiten gemeinsam mit ihren Trainern an Fallbeispielen, wie man allein schon durch Körpersprache und lautes Schreien einen möglichen Täter abschreckt. "Ein Angreifer sucht nicht nach einem Gegner, sondern nach einem Opfer", erläutert Saturno. Und fügt hinzu, dass "die Statistiken beweisen, dass wenn sich eine Frau traut, laut zu werden und sich wehrt, sie damit auch oft Erfolg hat".
Immer wichtig sei es, sich lautstark zu verteidigen, denn die Täter, die sich an jungen Frauen vergehen, sind meist viel stärker. Die Frauen werden aber nicht nur für den Fall eines Übergriffs in einer dunklen Tiefgarage vorbereitet. Was viel öfter vorkäme, sei die ungewollte Annäherung im so genannten Nahbereich, sei es in der Schule oder im Büro. Da wäre es nicht angemessen, sich laut schreiend auf den Belästiger zu stürzen, sondern "sich mit fester, lauter Stimme zu wehren" meint Saturno.
Heike Langen (41) macht den Kurs gemeinsam mit Tochter Jeannine. Die 14-Jährige findet, dass die nachgestellten Situationen "sehr realistisch sind". Sie hätte schon in der Schule Situationen erlebt, in der ihr ihre neuen Kenntnisse geholfen hätten. Beide Frauen wollen in zwei Jahren an einem Auffrischungskurs teilnehmen.
Die Trainer des Kurses sind keine Polizisten. Sandra Saturno war 18 Jahre begeisterte Kampfsportlerin bevor sie sich wegen eines kaputten Knies beim Ju-jutsu-Verband zur Trainerin ausbilden ließ. Saturno, die hauptberuflich in einer Bank tätig ist, führt den Kurs mit einer Begeisterung, die die Teilnehmerinnen mitreißt. "Sie macht das mit Leidenschaft."