Kinderbauernhof Neuss Verbotenes Futter als Dickmacher
Neuss · Immer wieder wird im Neusser Kinderbauernhof die Diagnose „zu dick“ gestellt. Die Folge: Ziege und Co. müssen regelmäßig auf Diät gesetzt werden. Die Ursache ist offenbar das Fehlverhalten einiger Besucher.
Die Mitarbeiter des Kinderbauernhofs finden sich regelmäßig in einer ungewohnten Rolle wieder: als Diätberater. Ihre „Klienten“ sind allerdings keine Menschen, die durch Homeoffice und Bewegungsmangel ein paar Pfunde verlieren wollen – sondern Vierbeiner, die Laute wie „Mäh“ von sich geben. Kurzum: Der Kinderbauernhof muss immer öfter gegen Gewichtsprobleme ankämpfen und Tiere wie Ziege, Esel und Pferd auf Diät setzen. Der „Dickmacher“ ist allerdings nicht die Nahrung, die die Streichelzoo-Bewohner von ihren Pflegern bekommen, sondern die verbotenen Fütterungen, die manche Besucher immer wieder vornehmen.
„Alles Mögliche wird über den Zaun geworfen. Von Gemüse über Reis und Nudeln bis hin zu verschiedenen Essensresten“, sagt Stadtsprecher Peter Fischer. Teilweise werde sogar verschimmeltes Brot in die Gehege geworfen. Das Problem: Durch die verbotenen Zwischenmahlzeiten wird regelmäßig der Fütterungsrhythmus durchbrochen. „Die Pfleger können schließlich nicht wissen, dass die Tiere gerade etwas bekommen haben“, sagt Fischer. Die Stadt geht zwar davon aus, dass der überwiegende Teil der Besucher – viele kommen mit ihren Kindern – den Tieren mit den kulinarischen Überraschungen etwas Gutes tun möchte, verwundert ist die Verwaltung aber doch: Schließlich weisen zahlreiche (kindgerechte) Schilder daraufhin, dass Ziege und Co. keine externe Nahrung benötigen.
Tiere erleiden körperliche Schäden durch das Übergewicht
So ist es auch auf der Schafswiese in Hoisten, die in unmittelbarer Nachbarschaft zur Tierarztpraxis von Astrid Urlaub liegt. Trotz der dort platzierten Hinweise ließen sich viele Menschen nicht von den Fütterungen abhalten. Die körperlichen Schäden, die ein Tier durch das Übergewicht erleiden kann, seien mit denen des Menschen vergleichbar: „Gelenkbeschwerden, Leberschäden, Probleme mit der Bauchspeicheldrüse, Diabetes und mehr“, zählt die Expertin auf. Zudem bestehe die Gefahr, dass man die Schäden erst spät bemerkt werden. „Tiere können eben nicht sagen, dass es ihnen nicht gut geht. Zudem sieht man es ihnen nicht direkt an – die Symptome sind etwas verlagert“, sagt Astrid Urlaub.
Thomas Schwarz, Bundesvorsitzender der Partei „Tierschutz hier!“ sowie Kreisvorsitzender, hat bereits mehrfach miterlebt, dass Menschen Nahrung über die Zäune werfen – hauptsächlich an dem stets öffentlich zugänglichen Bereich an der Gerhard-Hoehme-Allee. „Ich denke, es ist Unwissenheit. Die meisten wissen nicht, was sie den Tieren damit antun können“, sagt das Neusser Ratsmitglied, das als Beispiel ganze Kohlköpfe nennt, die im Magen der Tiere aufblähen und Schmerzen verursachen können. Auch am Damwildgehege im Selikumer Busch existiere dieses Problem. „Ich habe einmal beobachtet, wie jemand eine ganze Tüte Möhrenschalen dort ausgekippt hat“, sagt Schwarz.
Verbotene Fütterungen sind aktuell jedoch nicht nur an Neusser Tiergehegen ein Thema, sondern auch in den Unterführungen am Hauptbahnhof. Erst vor wenigen Tagen wurden an der Salzstraße große Futterspuren gesichtet, die offenbar für die dortige Taubenpopulation vorgesehen waren. Andreas Alberts, Vorsitzender der Anwohnerinitiative Marienviertel, beobachtet dort nach eigenen Angaben regelmäßig ganze Rattenfamilien, die durch das ausgelegte Futter angelockt werden. Auch am Theodor-Heuss-Platz und rund um die Marienkirche seien regelmäßig großflächige Spuren mit Körnern oder Haferflocken zu sehen.
Dabei appelliert das Amt für Stadtgrün, Umwelt und Klima immer wieder an die Bürger, sich an das bestehende Wildtierfütterungverbot zu halten. Neben Wasservögeln betrifft dies unter anderem auch Tauben und Nutrias. Wer gegen das Fütterungsverbot der Stadt Neuss verstößt, muss mit einem Bußgeld rechnen.