Marienviertel in Neuss Marienviertel: Händler haben Existenzängste

Neuss. · Drogenhandel, Diebstähle und Belästigungen vergraulen zunehmend die Kunden.

Im Jahr 2018 gab es die bisher letzte bekannte Razzia der Polizei im Neusser Marienviertel.

Foto: Hogekamp, Lena (hoge)

Egal ob Imbiss-Inhaber, Friseur, Kiosk-Betreiber oder Mode-Händler: Sie alle berichteten von unhaltbaren Zuständen im Marienviertel, von Drogenhandel, Diebstahl und Belästigungen. Aus Angst möchten sie anonym bleiben, wollen jedoch nicht weiter tatenlos zusehen. Ein Imbiss-Betreiber: „Unsere Kunden werden täglich belästigt. Vor allem junge Frauen. Mittlerweile vermeiden es viele Menschen, die Krefelder Straße entlang zu gehen.“

Gewerbetreibende kritisieren Abnahme von Kontrollen

Die Folge: Wegen der stetigen Einschüchterung hätten bereits drei Mitarbeiter gekündigt. Auch wirtschaftlich mache ihm die Situation zu schaffen. „Ich war schon kurz vor der Pleite“, sagt er. Ein trauriger Höhepunkt: Bei einer Polizeikontrolle hätten ihm vermeintliche Drogendealer ein Haschisch-Paket in seinen Imbiss geworfen.

Ein Kiosk-Betreiber bestätigt: „Hier passiert fast jeden Tag was. Immer ist Palaver.“ Alkohol sei in seinem Kiosk mittlerweile schon nicht mehr frei zugänglich, sondern müsse erst von einem Mitarbeiter herausgegeben werden. In der Vergangenheit sei einfach zu viel gestohlen worden. Von regelmäßigen Diebstählen berichtet auch ein Modehändler.

Ein Friseur: „Nach 18 Uhr muss ich im Laden sein, weil meine Frau und meine Tochter Angst alleine haben.“ Viele der meist jungen Männer, die rund um den Bahnhof ihr Unwesen treiben, seien bewaffnet. Waffen und Drogen wurden auch bei Razzien der Polizei regelmäßig sichergestellt, die vor allem in den Jahren 2017 und 2018 stattgefunden haben. Der Vorwurf der Geschäftsinhaber: In diesem Sommer wird von Polizei und Ordnungsamt weniger kontrolliert.

Polizeisprecherin Diane Drawe bestätigt das sogar. Trotz aller Funde bei vergangenen Razzien und Klagen von Anwohnern sowie Geschäftsleuten im Marienviertel sagt die Polizei weiterhin: „Es gibt dort keine offene Drogenszene.“ Man habe zwar bei Kontrollen Betäubungsmittel in kleinen Mengen sichergestellt. Diese Feststellungen ließen aus polizeilicher Sicht aber nicht den Rückschluss zu, dass eine offene Drogenszene vorliegt.

Der CDU-Stadtverordnete Thomas Kaumanns hat andere Erfahrungen gemacht. Auf Einladung der Anwohnerinitiative Marienviertel verschaffte er sich einen Überblick über die Situation rund um die Krefelder Straße. Bereits nach kurzer Zeit beobachtete er die Übergabe eines Päckchens mit weißem Pulver – auf offener Straße um circa 18 Uhr.

Am Wochenende soll es nach Angaben von Anwohnern und Geschäftsleuten in der Innenstadt besonders heiß her gehen. Die Polizei bestätigt: „Am Wochenenden stellen wir unabhängig von der Jahreszeit oftmals in den Abend- und Nachtstunden ein erhöhtes Einsatzaufkommen fest.“