Neuss: Räumen, streuen, kontrollieren
Ali Barlik ist einer von knapp 20 Streuwagenfahrern der AWL. Im Moment sind sie im Dauereinsatz.
Neuss. An Tagen wie diesen kann es Ali Barlik keinem recht machen. Die einen schimpfen, weil er nicht kommt. Die anderen ärgern sich, wenn er direkt vor ihnen fährt. Ali Barlik ist einer von knapp 20 Streuwagenfahrern der Abfall- und Wertstofflogistik (AWL). Mehrere Stunden täglich ist er mit seinem Streuwagen unterwegs und verteilt Salz auf den Straßen oder schiebt Schnee weg.
14 Einsätze hatte Ali Barlik allein in der letzten Woche. Auch gestern sitzt der 46-Jährige wieder hinter dem Steuer seines Lkws. Eine Kontrollfahrt steht an. Ali Barlik fährt über den Konrad-Adenauer-Ring in Richtung Verschiebebahnhof. "Die Brücke ist immer besonders kritisch", sagt er und wirft einen Blick auf die Temperaturanzeige. Minus drei Grad steht in dem oberen Feld, minus ein Grad steht darunter. "Außen- und Bodentemperatur", erklärt er knapp und zieht kurz die Augenbrauen zusammen, als ein besonders eiliger Autofahrer knapp vor ihm einschert. "Das kommt oft vor, dass uns Autofahrer überholen, wenn wir streuen", sagt er und lässt keinen Zweifel daran, was er von diesen Fahrern hält.
Etwa 300 Kilometer Straßennetz müssen in Neuss gestreut und geräumt werden. Dafür stehen der AWL sieben Streu- und zwei Kolonnenfahrzeuge zur Verfügung, gefüllt mit je fünf Kubikmetern Salz. Bei Eisglätte landen im Schnitt 20 Tonnen Streusalz auf Neusser Straßen, bei Schnee noch mehr. Ein Knopfdruck genügt, und hinter dem Räumwagen spritzt es bis zu acht Meter weit. "Wenn der Boden nicht gefroren ist, wirkt das Salz in Minuten, sonst kann es auch schon mal etwas länger dauern", erklärt Barlik. Von hupenden Autofahrern hinter ihm und aufgestauten Schneemengen vor ihm lässt er sich während seiner Arbeit kaum aus der Ruhe bringen.
Gefragt, ob er mit seinem Räumfahrzeug auch schon einmal steckengeblieben ist, schüttelt Ali Barlik den Kopf. "Das kommt nur selten bei uns vor. Aber vor einigen Tagen hatten wir so einen Fall." Da mussten dann die Kollegen ran und mithelfen.
"Normalerweise schneit es hier früh morgens und am Mittag ist schon nichts mehr zu sehen", sagt Barlik. In diesem Winter ist das anders. Noch reichen die Salzvorräte der AWL, um auch bei weiteren Schneefällen problemlos ausrücken zu können, zusätzliche Salzlieferungen sind bestellt. "Aber es gab auch Jahre, in denen wir den ganzen Winter nur halb soviel gestreut haben", weiß Betriebsleiter Oliver Negele.
"Ich arbeite seit 1990 hier", sagt Ali Barlik, "aber so schlimm wie in diesem und im letzten Winter war es die ganzen Jahre vorher nicht."
Viele Überstunden haben er und seine Kollegen angesammelt. Bei diesem Wetter werden die Straßen zweimal täglich kontrolliert und gegebenenfalls gestreut, bei Schneefall häufiger. Anstrengende Tage liegen hinter Barlik. An einem Wochenende sei er, abgesehen von kurzen Pausen, 22Stunden im Einsatz gewesen. Seine Familie sieht er in diesen Tagen selten. "Wenn ich Bereitschaft habe, muss ich auf der Couch schlafen", sagt er und grinst.
Längst hat sich seine Familie daran gewöhnt, dass die weiße Pracht für ihn vor allem Arbeit bedeutet. "Ehrlich gesagt, ich kann keinen Schnee mehr sehen", gesteht er. Für das Wochenende ist in Nordrhein-Westfalen weiterer Schnee angekündigt.