Polizeiaufgebot in Neuss Ministerium lässt Verlage schließen

Nordstadt. · Die Polizei räumte zwei Firmen, die laut Innenministerium die verbotene PKK unterstützen.

Die Firma an der Gladbacher Straße war nur wenigen bekannt.

Foto: Patrick Schüller

An der Gladbacher Straße residierten zwei Firmen, die nach Ansicht des Bundesinnenministeriums die kurdische Arbeiterpartei PKK unterstützen. Die ist seit 1993 in Deutschland verboten und als Terrororganisation eingestuft. Der Fortsetzung des Betriebs, der wesentlich über ein Online-Portal abgewickelt wurde, schob Minister Horst Seehofer am Dienstagmorgen einen Riegel vor. Er verbot die Mezopotamien Verlag und Vertrieb GmbH und den unter gleicher Adresse geführten Musikverlag MIR Multimedia und ordnete deren Auflösung an. Das war der Einsatzbefehl für ein Polizeiaufgebot, das am Dienstag die Firmenräume durchsuchte und zur Durchsetzung des Verbotes Material beschlagnahmte.

Vom Einsatz erfuhr die Stadt erst, als das Kommando schon vor Ort war. Im Verwaltungsvorstand gab Ordnungsdezernent Holger Lachmann einen Lagebericht. Währenddessen waren Ordnungsamt-Mitarbeiter noch an der Gladbacher Straße: Sie waren angefordert worden, wie Pressesprecherin Nicole Bungert berichtet, um „als Durchsuchungszeugen die Polizei Düsseldorf zu unterstützen“.

Vor knapp einem Jahr gab es bereits eine Durchsuchungsaktion

Die Internetseite der Verlage war tagsüber noch erreichbar, der Anrufbeantworter lief. Stellungnahmen der Betroffenen waren nicht zu erhalten. Das war im März vorigen Jahres noch anders. Als sich ein Großaufgebot an Polizei und Steuerfahndern Zutritt zu den Geschäftsräumen verschaffte, machte die Kunde von dieser behördlichen Maßnahme schnell die Runde. Nachdem nur einige Kurden vor dem schlichten Firmengebäude ausharrten, kam es schon am zweiten Tag der dreitägigen Durchsuchungsaktion zu Solidaritätskundgebungen auf der Gladbacher Straße. Ihnen folgten politische Erklärungen der Partei „Die Linke“, die die Beschlagnahmung rügte und von einer Drangsalierung kurdischer Einrichtungen in Deutschland sprach.

Später folgte eine Online-Petition, mit der sich ein breites Aktionsbündnis bundesdeutscher Buchhandlungen und Verlage mit ihren Kollegen vom Mezopotamien-Verlag solidarisch erklärten. Doch dieser Verlag sei nur der Tarnmantel, urteilt das Bundesinnenministerium, der zu verschleiern beabsichtige, dass „der Geschäftsbetrieb allein der Aufrechterhaltung des organisatorischen Zusammenhaltes der PKK dient“. Sämtliche wirtschaftlichen Aktivitäten würden ausschließlich der PKK zugutekommen, hält das Ministerium fest. Den Verdacht hatte die Behörde schon nach der Razzia im vergangenen März, und der hat sich offenkundig bei der Auswertung des Materials erhärtet. Der Minister folgert in einer am Dienstag verbreiteten Mitteilung: „Mit ihrem wirtschaftlichen Ertrag werden die Aktionsmöglichkeiten der Terrororganisation in Deutschland und Europa nachhaltig gestärkt.“ Damit wären Wirkungen des PKK-Verbotes systematisch ausgehölt.

Die Liegenschaft der Unternehmen, die dem Amt für Wirtschaftsförderungen der Stadt nicht einmal bekannt war, fällt dem Vernehmen nach an den Staat.