Sorge um Neusser Martinsvereine „Es wird eine Herausforderung sein, alle Kosten abzudecken“
Neuss · Martinsumzüge sind für viele Kinder und Erwachsene ein Highlight. Doch hinter den Kulissen wird es teurer und es mangelt an Freiwilligen, die Spenden sammeln. Wie es um die Martinsvereine in Neuss steht.
In weniger als zwei Monaten ziehen wieder Kinder mit Laternen durch die Straßen und singen Lieder. Ganz vorne läuft ein Pferd, auf dessen Rücken ein Mann sitzt, der den Bischof verkörpern soll. Um die Martinsumzüge kümmern sich oftmals Stadtteil-Vereine, die auf ehrenamtliche Arbeit angewiesen sind. Doch an dieser mangelt es aktuell. Außerdem gibt es weitere Probleme, wie Kostensteigerungen oder mangelnde Musikcorps. Wie ergeht es den Martinsvereinen in Neuss bei den Vorbereitungen der Umzüge?
Ein großes Problem sieht Claudia Brendt vom Bürger- und Schützenverein in Erfttal vor allem bei der Finanzierung. Der Verein möchte diese Woche mit den Haussammlungen beginnen, muss aber 3500 bis 4000 Euro an Spenden einnehmen. Da vieles teurer geworden sei, „wird es eine Herausforderung sein, alle Kosten abzudecken“, erzählt Brendt.
Außerdem gebe es immer weniger Ehrenamtler. Bei den 25 freiwilligen Sammlern, die sich gemeldet haben, seien die meisten vom Verein selbst. Der Großteil der Spenden würde an die Süßigkeiten gehen, außerdem bezahle der Verein noch einen Musik- und Tambourcorps. „Alles, was wir nicht durch Spenden abdecken können, müssen wir in Eigeninitiative zahlen“, erläutert Brendt. Die Restkosten übernehme dann der Erfttaler Schützenverein.
Vor ähnlichen Problemen steht das St. Martins Komitee Neuss-Altstadt, das in Neuss den größten Umzug organisiert. Rund 1200 Kinder nehmen jedes Jahr daran teil. „Wie viele andere ehrenamtliche Vereine haben wir mit Nachwuchsproblemen und Kostensteigerungen zutun“, berichtet Präsident Philip Benning. Im vergangenen Jahr habe man 540 Euro für drei Pferde gezahlt, dieses Jahr soll es noch mehr werden. Die Weckmänner haben 2023 rund 2600 Euro gekostet, „wir verteilen keine Süßigkeitentüten. Die sind wesentlich teurer“, sagt Benning.
Der Verein finanziere sich durch Spenden von Geschäften und Firmen in der Neusser Innenstadt. Außerdem erhalte er von der Stadt einen kleinen Zuschuss. „Für Haussammlungen haben wir keine Kapazitäten, und sie haben in den letzten Jahren nicht viel eingebracht“, schildert Benning. Obwohl der Verein aktuell keine Probleme habe, die Kosten zu decken, wird es laut Benning in Zukunft kritischer werden, die Umzüge zu planen. „Das logistische Problem ist natürlich die Musik“, weiß Benning. Der Verein habe das Glück, dass die Musikkapellen an sie gebunden sind. Trotzdem rufen sie die teilnehmenden Schüler auf, ihre eigenen Instrumente mitzunehmen.
In Hoisten war die größte Herausforderung eine Musikkapelle zu organisieren. Weil der Umzug in Hoisten immer auf einen Freitag fällt, würden viele Musiker lieber etwas anderes machen. Michael Petzold ist Vorsitzender des Martinskomitee in Neuss-Hoisten und plant seit 29 Jahren die Martinsumzüge. „An sich haben wir mit der Finanzierung und den Freiwilligen keine Probleme“, erzählt er. Nur die Haussammlungen laufen anders als geplant. Der Verein habe die Sammelaktionen in die Herbstferien gelegt, da habe es wenige Helfer gegeben. Die Summe von insgesamt 10 000 Euro, um den Umzug zu tragen, werde man aber ohne Probleme erreichen.
„Wir können uns eigentlich nicht beklagen“, erzählt Andreas Seiler, Präsident vom Bürgerschützenverein in Grimmlinghausen. Die Vorbereitungen laufen bereits auf Hochtouren. Auch in diesem Jahr hätten sich schon rund 60 Freiwillige gemeldet. Er rechnet auch in diesem Jahr damit, dass der Verein wie in den Vorjahren rund 20 000 Euro durch Haussammlungen einnimmt. Die seien die einzige Finanizierungsquelle für den Martinsumzug. Dennoch gehen die Kostensteigerungen nicht an ihm vorbei. Das meiste Geld nehmen die Süßigkeiten mit etwa 14 000 Euro ein. Der Verein versorge zudem einige Schulen und Kitas mit Bastelmaterial für die Laternen. Dafür müsse man nichts für die Musik ausgeben. „Da haben wir echt Glück und das ist nicht bei allen Vereinen so“, sagt Seiler.
Die meisten Ehrenamtler seien schon lange dabei, es gebe kaum Nachwuchs. Seiler findet, dass man junge Menschen motivieren muss, sich für das Brauchtum zu engagieren.