Poetry-Slam in Neuss Junge Poeten duellieren sich im Further Hof
Neuss. · Zum ersten Mal gab es einen Poetry Slam in dem Stadtteilcafé. Es kamen viele Profis.
Früher war der Further Hof in der Neusser Nordstadt als Kneipe eine Neusser Institution. 2018 wurde er von der Arbeiterwohlfahrt (Awo) übernommen und als schmuckes Stadtteilzentrum wiederbelebt. Junge Familien treffen auf Senioren im Stadtteilcafé, das Jugendprogramm (von 17 bis 27 Jahren) wird gut angenommen, der große Veranstaltungssaal mit Theke und Bühne blieb erhalten. Genau dort fand jetzt der erste richtige Poetry-Slam statt.
Es gab zwar im Kulturkeller bescheidene Ansätze, für den Poetry-Slam hatte der Further Hof aber nun professionelle Slammer eingeladen. Die Moderation übernahm der Autor und Laut-Poet Marco Jonas Jahn (Mönchengladbach). Er ist in der Szene gut vernetzt und hatte Luca Swieter und Maren Fleschenberg (beide aus Köln), Max Raths (Viersen), Lukas Knoben (Aachen), Johnny D. (Düsseldorf), Christian (Kleve), Sven Hensel (Bochum) und Andy „Little Dead Boy“ (Dortmund) nach Neuss
gebracht.
Der literarische Wettbewerb – im Jahr 1986 in Chicago „erfunden“ und nach einem wahren Siegeszug durch die Welt seit 2016 immaterielles Kulturerbe der Unesco – hat einfache Regeln: Die Texte müssen selbst verfasst sein, es dürfen keine Requisiten oder Musikinstrumente benutzt werden. Das Zeitlimit für den Vortrag – im Further Hof waren es sechs Minuten – darf nicht überschritten werden.
Das Publikum ist die Jury: Im Further Hof waren knapp 30 Gäste, die voll auf ihre Kosten kamen, gleich ob Prosa- oder Lyrikfans. Johnny D. reimte über sein „Ego mit Lego gestärkt“ und endete „Ein Nichts mit Gesicht, das wolltest du nicht“. Er erhielt insgesamt 19 Stimmen aus dem Publikum. Die gleiche Stimmenzahl gewann auch die reimgewaltige Slammerin Luca Swieter. Ihr anspruchsvoller Vortrag zu „Die Farbe in Textinterpretationen“ strotzte nur so vor Originalität und Komik.
Dem Publikum gefiel auch der unappetitliche Text von Sven Hensel: „Anal total“ wehrte sich gegen die Schwulen-Szene. 19 Stimmen erhielt er für seinen starken Schluss im Rap-Rhythmus.
Im Finale entschieden Ausdauer und Lautstärke des Applauses
Die wenigsten Stimmen erhielt Andy (8), der Musiker („Ich kann besser Blockflöte!“) ist im Ruhrgebiet als Singer/Songwriter sehr bekannt. Zum „Word up!“-Finale trafen sich die drei Slammer mit 19 Stimmen.
Jetzt gaben Ausdauer und Lautstärke des Applauses den Ausschlag. Unter den drei starken Slam-Poeten konnte sich am Ende Sven Hensel mit „Letzte Rechtfertigung“ auch dank seiner besten Performance durchsetzen und erhielt als Preis eine Flasche Whiskey und eine Polizeikelle. „Sollte er auf der Heimfahrt den Whiskey trinken, kann er sich selbst anhalten“, scherzte der
Moderator.
Die „Dichterschlacht“ ist für Neuss ein ungewohntes Format. In Düsseldorf (Zakk) und in Köln auf gleich sechs Bühnen zieht sie die Massen an. „Wir wollen nach dieser starken Premiere den Poetry-Slam auf jeden Fall wiederholen“, sagt Benjamin Frank, Mitarbeiter in der offenen Jugendarbeit bei der Neusser Awo, „im Moment planen wir im Drei- bis Vier-Monats-Rhythmus“. Dann wäre es auch schön, wenn spontane Teilnehmer aus dem Publikum „written and spoken word“ zusammen
bringen. Nima