Pokémon-Jäger durchkämmen die Stadt
Das Smartphone-Spiel „Pokémon Go“ verbindet die Spielwelt mit der realen Umgebung.
Neuss. Huch, das war knapp. Mirko (15) und Kathrin (14) gucken sich verdutzt an, fast wären sie gegen einen Laternenpfahl gerannt. Diese Monsterjagd hat es aber auch in sich: Überall in Neuss tummeln sich die kleinen Biester — und das ruft die Monsterjäger auf den Plan. Seit gestern ist das Smartphone-Spiel „Pokémon Go“ auch auf dem deutschen Markt verfügbar, die Downloadzahl ging direkt durch die Decke. Schon am Nachmittag steht es im App Store auf Platz 1 der Topcharts. Zuvor hatte das Spiel bereits die USA und Asien erobert. Jetzt ist der europäische Markt dran, Ort für Ort, Stadt für Stadt. In der Neusser City tummeln sich die Pokémon-Spieler gestern Nachmittag geradezu. Kaum ein Jugendlicher, der nicht mit dem Smartphone-Spiel im Anschlag über den Büchel huscht.
„Pokémon Go“ ist ein Spiel der sogenannten erweiterten Realität („Augmented Reality“). Die Spieler spüren via Smartphone-Bildschirm in der wirklichen Welt versteckte Comic-Figuren auf und fangen sie ein. Der Begriff Pokémon entspringt einer Wortbildung aus „Pocket Monster“, erstmals tauchten diese „Taschenmonster“ 1996 in einem Spiel des japanischen Herstellers Nintendo auf. Der Spieler muss die „Pokémon“ mit Hilfe weiß-roter Bälle fangen und kann sie später gegeneinander kämpfen lassen. Der Clou an dem Smartphone-Hit ist allerdings die Standorterkennung via GPS (Global Positioning System). Spürt der Spieler ein Taschenmonster in der Nähe auf, werden die Figuren in die echte Umgebung eingeblendet. Die Monsterjagd findet dann direkt in den Straßen statt. Das kommt an.
Marcel Saroglou, Spieler
In den sozialen Netzwerken tobt die Pokémon-Begeisterung. Bilder von der Taschenmonsterjagd werden gepostet, Tipps ausgetauscht. Marcel Saroglou ist einer jener Neusser, die von dem Smartphone-Spiel angetan sind. Der 21-Jährige kennt Pokémon noch aus seiner Kindheit. „Meine Generation ist damit sozusagen aufgewachsen“, sagt er. Dass er dieses Stück Kindheit nun in zeitgemäßer Version auf dem Smartphone spielen kann, findet er großartig. „In meinem Freundeskreis ist Pokémon Go schon weit verbreitet“, sagt er. Flugs wurde sogar eine eigene WhatsApp-Gruppe gegründet, um sich auszutauschen. Denn das Pokémon-Universum ist ziemlich groß.
Mehr als 700 verschiedene Figuren gibt es. Sie hören auf Namen wie Magnetilo, Traumato oder Zubat; am bekanntesten ist vermutlich Pikachu, ein kleines gelbes Monster mit einem Schwanz in der Form eines Blitzes. Nintendo hat die Pokémon-Reihe sukzessive ausgebaut. Schon bald blühte neben den Videospielen ein gigantisches Geschäft mit Sammelkarten und jeder Menge Fanartikeln. Das von der Nintendo-Beteiligung Pokémon Company und der ehemaligen Google-Tochter Niantic Labs veröffentliche Smartphone-Spiel ist der nächste Schritt.
Die Spieler lieben es. Taschenmonster vor dem Neusser Rathaus, auf der Neustraße und sogar in der eigenen Wohnung direkt in der Badewanne — es gibt keinen Ort, den die Monsterjäger außer Acht lassen. Zudem gibt’s sogenannte Poke-Stops, dort können die Monsterfallen in Form der weiß-roten Bälle nachgeladen werden. Solche Poke-Stops finden sich in der Neusser City an jeder Ecke. Doch bei aller Freude am Spiel, sollten die Spieler beim Gang durch die Stadt aufpassen. Die Polizei mahnt zu Vorsicht. Es gibt schließlich Schlimmeres als Laternenpfähle, gegen die man ganz ins Smartphone-Spiel vertieft laufen kann. „Generell gilt: Augen auf im Straßenverkehr“, betont Polizeisprecherin Daniela Dässel.