Rhein-Kreis Neuss: Der Austausch aller Helfer ist wesentlich
Jede vierte Frau wird irgendwann ein Opfer von Gewalt in einer Beziehung.
Rhein-Kreis Neuss. In Dormagen, Mönchengladbach, Düsseldorf und Grevenbroich starben seit Ende Oktober insgesamt fünf Menschen. "Das ist eine extreme Häufung und nicht die Regel", sagt Heinz Hellwig, Opferschutzexperte der Polizei Neuss. Ablehnung, Eifersucht, Streit um die Finanzen oder das Sorgerecht seien oftmals Anlass für schwere Konflikte.
"Es gibt immer wieder Extremfälle, doch die normale häusliche Gewalt findet täglich statt", berichtet Ursula Habrich von der Frauenberatungsstelle, "und das in allen Bildungsschichten. Jeden Fall muss man einzeln bewerten." Der Runde Tisch "Gewalt in Familien/Opferschutz" veranstaltete dazu jetzt einen Fachtag im Kreishaus. Das Motto: "Unter dem Schutz des Staates? - Risiken und Folgen bei Trennung vom gewalttätigen Partner".
Nach einer Studie des Bundesfamilienministeriums würden ein Viertel aller Frauen in ihrem Leben Opfer von Beziehungsgewalt werden, berichtet Franz Beering-Katthagen vom Sozialdienst katholischer Männer (SKM). Er leitet ein Projekt zur Täterarbeit. "Es ist wichtig, beide Seiten zu hören", sagt er. Oft hätten die meist männlichen Täter eine verzerrte Wahrnehmung und meinten, sie müssten mit Gewalt Gerechtigkeit herstellen.
Deshalb sei der Austausch zwischen der Opfer- und Täterberatung unerlässlich, bekräftigt Habrich. Auch die Vernetzung mit der Polizei, dem Jugendamt oder anderen Organisationen sei "extrem wichtig", ergänzt Hellwig.
Ein Ziel des Runden Tisches ist es, für das Problem häuslicher Gewalt zu sensibilisieren. Seit dem Gewaltschutzgesetz 2002 werde es in der Bevölkerung stärker beachtet, sagt Habrich.
"Ich denke nicht, dass mehr Gewalttaten geschehen. Frauen trauen sich aber häufiger, Hilfe zu suchen." "Seit 2002 sind unsere Beamten für solche Fälle besser geschult", berichtet Hellwig. Trotzdem sei die Beurteilung der Gefahren oft schwierig. "Eine Wohnungsverweisung kann man nicht einfach so aussprechen. Das ist ein großer Eingriff in Grundrechte", sagt Beering-Katthagen.
Schwierig sei die Situation auch dann, wenn der Täter ausschließlich dem Partner gegenüber gewalttätig geworden wäre. Er dürfe trotzdem noch Kontakt mit seinen Kindern haben, sagt Habrich.