Schützen unterstützen Öffnung für Homosexuelle

Der Bund Deutscher Historischer Schützenbruderschaften lockert die Regeln. Der Kreis zieht größtenteils mit.

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Rhein-Kreis. Die Grefrather St-Sebastianus-Bruderschaft handelt schon. Im Formular für Königsbewerber wird ab dem kommenden Jahr nicht mehr gefragt, ob der Schütze Mitglied einer christlichen Kirche ist. Und auch die Unterschrift einer Königin wird nicht mehr verlangt — wenn keine da ist. Mit diesen Bestimmungen reagieren die Schützen im Neusser Westen auf die Beschlüsse des Bundes Deutscher Historischer Schützenbruderschaften, die Mitgliedsvereine gegenüber Andersgläubigen, vor allem Muslimen, sowie Homosexuellen zu öffnen. Künftig sollen die Bruderschaften selbst und am Einzelfall orientiert entscheiden können, ob Andersgläubige Mitglied oder König werden oder ob Homosexuelle zusammen mit ihrem Lebenspartner Königspaar werden. Die Anwärter müssen sich aber zu den Werten der Bruderschaften bekennen.

Karl Schäfer, Bezirksgeschäftsführer des BDHS in Neuss, bezeichnet diesen Schritt als große Öffnung. Er begrüßt wie die meisten Schützenbrüder die Liberalisierung und die neue Regelung, an der die Vereine mitwirken konnten. Heinz Meuter, Brudermeister der St.-Peter-und-Paul-Bruderschaft Rosellerheide, unterstreicht das noch: „Menschen, die man ausgrenzt, kann man nicht gewinnen.“ Die Gesellschaft habe sich geändert.

Für Torsten Klein, Schützenkönig auf der Furth und Geschäftsführer der St.-Sebastianus-Schützen dort, bleiben allerdings Fragen offen. „Es gibt keine einheitlichen Richtwerte für die Aufnahme“, nennt er ein Beispiel. Auch bestehe keine Rechtssicherheit für diese Einzelfälle. Weil man nicht wegen strittiger Entscheidungen in die Kritik geraten möchte, würde der Bundesbeschluss auf der Furth noch nicht umgesetzt werden können. Er sehe noch Besprechungsbedarf.

Auch Reiner Kivelitz hält Einschränkungen nicht für ausgeschlossen. Die Anfrage eines homosexuellen Schützen, mit seinem Partner als „Ersatzkönigin“ aufzutreten, würde auch künftig verneint. Der Bezirksverband Grevenbroich befürwortet die beschlossenen neuen Orientierungsrichtlinien für Historische Deutsche Schützenbruderschaften. „Damit wird jeder Gemeinschaft mehr Freiraum gegeben“, sagt Bundesmeister Robert Hoppe aus Gindorf: „Jede kann in Eigenverantwortung entscheiden, wer bei ihr Mitglied wird.“ Was Muslime betrifft meint Robert Hoppe: „Ich glaube nicht, dass viele Menschen, die tiefverwurzelt in ihrem muslimischen Glauben sind, zu uns stoßen werden — nur weil es jetzt geht.“

Wichtig sei, dass sich neue Mitglieder zu den Zielen und Idealen einer Bruderschaft bekennen würden. Die Diskussion um die neuen Richtlinien habe dem Bund insgesamt gut getan, sagt der Gindorfer: „Die Schützen haben sich in den vergangen Monaten intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt und wieder ein Stück zu ihrem eigenen Profil zurückgefunden. Dabei hat sich herauskristallisiert, dass es zwischen den Historischen Deutschen Schützenbruderschaften und den Bürgerschützenvereinen doch einen kleinen Unterschied gibt.“ Für Guido Otterbein, Schriftführer der St.-Sebastianus-Schützenbruderschaft Kaarst, ist das Thema nicht neu. Bereits vor zwei Jahren hatte die Bruderschaft einen muslimischen Schülerprinzen. Der durfte zwar damals noch nicht an Bezirksveranstaltungen teilnehmen, feierte aber sonst ein normales Schützenjahr, sagt er. „Man kann sich dem Thema nicht verschließen und muss mit der Zeit gehen.“ Man werde in Zukunft neutral und liberal mit diesem Thema umgehen, erklärt er weiter.

HeinzMeuter, Brudermeister der St.-Peter-und-Paul-Bruderschaft

Das ein homosexuelles Mitglied Schützenkönig werden darf, sorgt in Hackenbroich für kein besonderes Aufsehen. „Ich freue mich über diesen Beschluss“, sagt Jo Deußen, zweiter Brudermeister der St. Hubertusschützen. „Damit wird nachvollzogen und geregelt, was in vielen Bruderschaften durch pragmatische Entscheidungen schon möglich war. Bei uns sind seit Jahren drei Türken mit Freunde und Engagement dabei, vor Jahren hatten wir auch einen homosexuellen König.“ So sieht es auch Norbert Kruchen von den St. Sebastianern in Gohr: „Wir nehmen jeden auf, der bei uns mitmachen möchte — das ist gelebte Praxis.“ Jetzt wird gleichwohl die Satzung angepasst und dabei geht es auch darum, dass künftig Frauen offiziell mitmachen dürfen. ts, schum, wilp