Shakespeare-Festival: Vier Schauspieler, zwei Puppen bewältigen „Pericles“
Die „bremer shakespeare company“ zeigt im Globe-Theater das selten gespielte Werk.
Neuss. Das Leben: eine lange Seereise. Unwetter zerfetzen die Segel, Piraten machen Beute, das Schicksal entreißt dir die liebsten Menschen. Dennoch kann sich alles zum Guten wenden. Solch eine Lebensgeschichte bietet Stoff für einen Theaterabend. „Pericles, Fürst von Tyrus“ heißt das Stück, geschrieben um 1607 von William Shakespeare und seinem Dichterkollegen George Wilkins.
Damals ein Garant für volle Häuser, ist es heute nur selten auf der Bühne zu sehen, denn die Vielfalt an Orten, Personen und verwickelten Handlungen verlangt Regisseuren und Schauspielern einigen Einfallsreichtum ab. Die renommierte bremer shakespeare company hat sich der Herausforderung gestellt, am Sonntag zeigte sie den „Pericles“ im Rahmen des Shakespeare-Festivals im Globe vor fast ausverkauftem Haus.
Den wilden Orts- und Zeitwechseln begegnet Regisseur Thomas Weber-Schallauer mit einem ungewöhnlichen Kunstgriff: Titelfigur Pericles und Tochter Marina werden durch lebensgroße Puppen dargestellt, geführt von vier Schauspielern (Tim D. Lee, Petra-Janina Schultz, Erik Rossbander und Markus Seuss), die in andere Rollen schlüpfen und mit den Puppen interagieren. So schaffen sie eine biografische Expedition in märchenhaft-stimmungsvoller Atmosphäre.
In Dialogen spüren sie dem Lebensweg von Pericles nach. Er muss ein Rätsel lösen und deckt dabei eine Inzest-Beziehung auf, muss vor der Rache des Täters fliehen. Pericles gelangt an fremde Küsten, hilft Menschen in Not und findet eine Frau, die bei der Geburt des gemeinsamen Kindes stirbt — wie man glaubt. Die Tochter Marina kommt zu Pflegeeltern, wo sie durch einen Piratenüberfall einem Mordanschlag entgeht. Die Seeräuber verkaufen sie an ein Bordell, dem sie mit knapper Not entkommt. Zum Schluss findet sie den Vater ebenso wieder wie die totgeglaubte Mutter.
Pericles ist als holzschnittartige Figur angelegt. Doch gerade dies macht die Stärke der Inszenierung aus, die den leidgeprüften Seefahrer als Archetypen zeigt. Dazu Thomas Weber-Schallauer: „Pericles muss Schicksalsschläge erleiden und sich immer wieder neu berappeln, um mit dem Leben fertigzuwerden.“ Erfahrungen, wie sie sich durch jedes Menschenleben ziehen. Das Publikum belohnte den poetischen Theaterabend mit langem, begeistertem Applaus. „Pericles, Fürst von Tyrus“ ist am Dienstag noch einmal im Globe zu sehen. Beginn: 20 Uhr.