Sportwetten: Lage entspannt
Keine Flut von Anträgen auf Neueröffnungen nach aktuellem Urteilsspruch.
Neuss. Dürfen sie — oder dürfen sie nicht? Jahrelang war das Geschäft mit den Sportwetten — nicht zu verwechseln mit den Angeboten von Pferdewetten durch Buchmacher — ein heißes Eisen.
Nach dem Glücksspielstaatsvertrag von 2008 waren sie nicht mehr zulässig, was zahlreiche Klagen nach sich zog. Nach einem letzten Urteil vom Herbst sind sie wieder gestattet. In zahlreichen Städten führt das zu Klagen von Wettanbietern, die sich an den Kommunen, die ihnen die Läden zumachten, schadlos halten wollen. In Neuss ist die Lage entspannt.
Fünf Sportwetten-Läden gab es in Neuss zu der Zeit, als der Staatsvertrag das untersagt. Die Stadt, so berichtet Thomas Mathen vom Ordnungsamt, habe „mit Fingerspitzengefühl“ agiert. Keine Razzia, kein martialisches Auftreten, wie es in anderen Kommunen durchaus vorkam.
Man habe miteinander geredet, sagt Mathen, und klar war, dass alle Betreiber sich vor Gericht gegen die Schließung wehrten. Es gab diverse Besitzerwechsel, und so ergab sich über die Jahre „ein Katz- und Maus-Spiel auf fairer Ebene“, wie es der Mann vom Ordnungsamt ausdrückt. Was bedeutet, dass Neuss auch in den vergangenen Jahren keine sportwettenfreie Kommune war.
Nun ist alles anders, der Betrieb von Büros für Sportwetten ist wieder zulässig. Eine Flut von Anträgen auf Neueröffnungen gibt es allerdings in Neuss, anders als in anderen Städten, nicht. Konzessionen brauchen Wettbüros ohnehin nicht, die Geschäftseröffnung muss lediglich als Gewerbe angemeldet werden. Das haben bisher nur zwei zusätzliche Anbieter getan.
Michael Sieberts ahnt, warum. Der Mann, seit 40 Jahren im Geschäft, ist konzessionierter Buchmacher für Pferdewetten und bietet auch Sportwetten an. Das tut er an der Rennbahn und in seinem großen Geschäft am Meererhof. „Hier ist die Lage übersichtlich. Es gibt gut geführte Geschäfte mit anständigen Betreibern, keine Hinterzimmer-Anbieter. Da überlegt sich ein Neuer genau, ob er dazu stoßen soll.“
Sieberts bestätigt, dass in Neuss die Verwaltung — anders als in Wuppertal, wo er ebenfalls seit vielen Jahren arbeitet — sehr moderat gehandelt habe. „Das war doch clever. Jetzt verlangt niemand von uns Regress.“ Er selbst sei als Buchmacher vor allem Pferdeexperte.
In seinem Geschäft am Meererhof aber halten sich Sport- und Pferdewetten in etwa die Waage. Die Anfeindungen wegen der Spielsuchtgefährdung mag er bis auf vereinzelte Ausnahmen nicht gelten lassen. „Süchtige brauchen das schnelle Spiel. Fünf Sekunden am Geldspielautomaten. Das Kartenspiel an zwei, drei Casinotischen gleichzeitig. Das ist bei uns anders.“
Sieberts jedenfalls plant, angesichts der neuen Rechtslage zu erweitern. In anderen Städten, vielleicht auch in Neuss.