Stadt investiert in Wasserschutz
Die Regenmassen der letzten Woche haben zwar kaum Schäden angerichtet. Dennoch sollen bei Neubauten in Zukunft neue Standards gelten.
Neuss. Den Abend des 1. Juni werden die Feuerwehrmänner der Stadt Neuss so schnell nicht vergessen. Es war das erste Mal nach dem Orkan „Ela“ im Juni 2014, dass alle Kräfte benötigt wurden. Zu insgesamt 143 Einsätzen musste die Neusser Feuerwehr an diesem Abend ausrücken, Keller leerpumpen und dafür sorgen, dass überflutete Straßen wieder frei wurden. Neben der Gesamtschule Norf hat das Unwetter zahlreiche Gebäude hart getroffen, vor allem im Süden der Stadt.
Gut eine Woche danach ziehen Feuerwehr und die Stadt erste Schlüsse nach den schweren Regenfällen, die in Neuss im Vergleich zu Städten wie Dormagen und Düsseldorf glimpflich ausgegangen sind. Laut Stadtbrandmeister Joachim Elblinger habe die Kommunikation bei dem sogenannten Vollalarm zwar reibungslos funktioniert. „Dennoch lernen wir bei solchen Großeinsätzen immer dazu, wie wir cleverer koordinieren können. Wir verfeinern dadurch unsere Organisationsstruktur“, sagt Elblinger. Wäre die Feuerwehr noch zu mehr Einsätzen gerufen worden, hätte sie laut des Stadtbrandmeisters auf Kräfte aus umliegenden Kommunen zurückgreifen können. Sollte dies nicht funktionieren, gebe es zudem immer noch die überörtliche Hilfe durch die Bezirksregierung.
Nach Angaben von Planungsdezernent Christoph Hölters beeinflussen die klimatischen Veränderungen, die zu häufigeren und heftigeren Unwettern führen können, auch die baulichen Pläne der Stadt. „Natürlich ist es Aufgabe der Planung, zu versuchen, Neuss klimafolgefest zu machen.“ So werde bei Neubauten darauf geachtet, dass die umliegenden Freiflächen in der Lage sind, größere Wassermengen aufzunehmen. „Bei extremen Wetterlagen werden sich Schäden nicht vermeiden lassen. Man kann nicht alles so dicht machen, dass es jede Form von Niederschlag aushält“, sagt Hölters.
Johannes Steinhauer, Technischer Leiter der InfraStruktur Neuss (ISN), zieht ein positives Fazit nach dem 1. Juni, da die Kanalisation in der Quirinusstadt trotz der jüngsten Starkregenereignisse die Wassermengen gut aufgenommen habe — „und das trotz der enormen Mengen, die in dieser Form auch in Neuss im Durchschnitt nur alle 100 Jahre auftreten“, sagt Steinhauer. An einer Wetterstation seien sogar bis zu 48 Liter pro Quadratmeter in fünf Minuten gemessen worden. Im Neusser Süden sei es in Teilen zu Straßenüberschwemmungen gekommen, weil aufgrund eines Kurzschlusses in einem Umspannwerk die entsprechenden Abpumpwerke nicht in Betrieb genommen werden konnten.
Zwar habe die ISN in den vergangenen Jahren nach eigenen Angaben viel Geld in Regenrückhaltebecken und Kanalerneuerungen investiert — zudem befinde sich das städtische Kanalsystem insgesamt auf einem guten technischen Stand. Dennoch wolle man in Zukunft weiter in Regenrückhaltebecken, moderne Kanäle und Pumpwerke investieren.
Laut Steinhauer bestehe die Gefahr weniger in einer einmalig hohen Niederschlagsmenge — wie am 1. Juni — als vielmehr darin, dass sie über mehrere Tage andauere. Dadurch könne auch der Boden kein Wasser mehr aufnehmen und auch dieses Wasser (zum Beispiel aus Gärten) fließe zum Teil mit in die Kanalisation. Problematisch seien zum Beispiel Straßenunterführungen, da diese niedriger liegen als die übrige Kanalisation und sich das Wasser deshalb schneller ansammelt.
Ebenso könne bei ungünstigen topographischen Verhältnissen das Wasser in Gefällen über die Senken hinwegschießen und sich dann an den tiefsten Punkten der Straße sammeln. Dies sei zum Beispiel auch bei tiefstgelegenen Baugrundstücken möglich.