Steuer-Segen kommt von Johnson & Johnson aus Rosellen
Der US-Konzern verlagerte seine deutsche Beteiligungsholding nach Wien. Dadurch wurden 152 Millionen Euro Steuern fällig.
Neuss. Bei dem Großgewerbesteuerzahler, der Anfang April die Neusser Stadtkasse kräftig gefüllt hat, handelt es sich um die deutsche Beteiligungsholding des amerikanischen Konzerns Johnson & Johnson mit Sitz in Rosellen im Neusser Süden. Gestern zur Mittagszeit beendete das Unternehmen selbst das Rätselraten und bestätigte in einer Stellungnahme „eine Gewerbesteuernachzahlung in Höhe von 152 Millionen Euro“. Dabei handele es sich um ein „einmaliges Ereignis aus dem Jahr 2015“, das in der Jahressteuererklärung gegenüber den Behörden erklärt worden sei. Hintergrund der außergewöhnlich hohen Steuerzahlung — sie entspricht immerhin in etwa dem jährlichen Gewerbesteueraufkommen der Stadt Neuss in Gänze — ist offenbar die Verlagerung der deutschen Beteiligungsholding ins Ausland. Das erfolgte Ende 2015.
Der Standort Neuss ist für Johnson & Johnson wichtig. Bereits 1980 zog der 17 Jahre zuvor erworbene Arzneimittelhersteller Janssen-Cilag nach Rosellen. 2009 verließ die sogenannte Consumer-Sparte von Johnson & Johnson Düsseldorf, um sich vis-a-vis der Zentrale von Janssen Cilag niederzulassen. Wiederum zwei Jahre später verlagerte dann auch die deutsche Holdinggesellschaft Johnson & Johnson Group Holdings GmbH ihren Sitz ebenfalls nach Neuss. Sie war zuvor in Norderstedt in Niedersachsen ansässig gewesen. Die jetzt in Wien mit einer konzerneigenen Holding (AE BG Omega) verschmolzene Group Holdings GmbH hatte in Neuss de facto keine Mitarbeiter. Beobachter gehen daher davon aus, dass Arbeitsplätze in Neuss auch künftig nicht gefährdet sein werden. Nach eigenen Angaben beschäftigt der Konzern in Neuss rund 800 Mitarbeiter, davon entfällt etwa die Hälfte auf den Consumer-Bereich. Der unterhält in Neuss vornehmlich Schreibtisch-Jobs, denn er produziert nicht am Standort. Das größte Werk für O.B.-Tampons betreibt Johnson & Johnson in Wuppertal. Bebe und Penaten sind weitere weltweit bekannte Marken des Konzerns.
Der Neusser Bürgermeister Reiner Breuer hatte vor Wochenfrist Ratsmitglieder unterrichtet, dass ein einzelnes Unternehmen 150 Millionen Euro Gewerbesteuer an die Stadtkasse überwiesen habe. Der Rathaus-Chef nannte den Zahler nicht. Steuergeheimnis. Er warnte aber angesichts des Geldsegens vor zu großer Euphorie. Der Gewerbesteuerbescheid sei noch nicht rechtskräftig.
Derweil erklärte das Unternehmen die Steuerschuld gestern nüchtern: „Wie es die Regel bei solchen Verlagerungen ins Ausland ist, wurden die Buchwerte der Gesellschaft auf ihren realen Wert bewertet. Im Ergebnis dieser Neubewertung wurde der Marktwert höher als der bisherige Buchwert geschätzt.“ Daraus resultiere die fällige Gewerbesteuerzahlung.
Sollten die 152 Millionen bei der Stadt verbleiben, bietet sich die Chance, auf einen Schlag schuldenfrei zu werden. Endgültige Klarheit wird aber erst nach einer Betriebsprüfung herrschen. Rathaus-Verantwortliche lehnten gestern eine Stellungnahme ab.