Ulm ist Vorbild für Stadtplaner

Die Mühlenstraße soll nach einem Prinzip umgestaltet werden, dass bereits in Baden-Württemberg zu sehen ist.

Foto: Stadt Ulm

Neuss. Mit dem Umbau der Mühlenstraße betritt die Stadt Neuland. „Shared Space“ heißt das Schlagwort — geteilter Raum. Grundidee ist dabei, dass sich alle Verkehrsteilnehmer gleichberechtigt begegnen. „Alle müssen aufeinander achtgeben und sich arrangieren“, sagt Roland Kehl (Grüne). Auch Ingeborg Arndt, planungspolitische Grünen-Sprecherin , begrüßt das neue Thema der Stadtplanung.

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Dieses wollte die SPD schon einmal auf dem Platz am Romaneum verwirklichen, konnte das aber nicht durchsetzen. Dabei wäre das aus Sicht von Planungsdezernent Christoph Hölters der bessere Ansatz gewesen. Er denke bei „Shared Space“ eher an Plätze, sagte der Beigeordnete, der dem Platz am Romaneum auch das Potenzial dafür sieht. An der Mühlenstraße reagiere man mit den Umbauplänen eher auf den Platzmangel.

Der verhindert nämlich, ausreichend breite Gehwege anlegen zu können. Die sind zum Teil nur 90 Zentimeter tief und für Fußgänger schon blockiert, wenn eine Mülltonne vor den Häusern steht. Also verzichtet die Planung generell auf Bürgersteige. Auf der so entstehenden ebenen Fläche werden die Fahrbahnränder nur optisch markiert, damit Autofahrer nicht zu dicht an den Hauseingängen vorbeifahren.

Damit in der Einbahnstraße auch nicht zu schnell gefahren wird, werden versetzt Parkplätze markiert. 37 sollen es in der Mühlenstraße sein. Weil alle Verkehrsteilnehmer den Raum gleichermaßen beanspruchen, geht es auf „Shared Space“-Flächen gemütlicher zu. Damit eröffnet die niveaugleiche Ausbauplanung auch die Option, Einbahnstraßen für Radfahrer in Gegenrichtung freizugeben. An der Mühlenstraße soll diese Option gezogen werden, auch wenn der Straßenraum an der schmalsten Stelle nur 7,40 Meter breit ist. Die Mühlenstraße, sagt Johannes Steinhauer von der Infrastruktur Neuss, sei eine attraktive Verbindung vom Rosengarten in die Innenstadt — parallel zur Oberstraße und fernab von Konflikten mit Bus- oder Straßenbahnverkehr.

Als Eisbrecher beim Thema „Shared Space“ hatte sich schon das Forum Stadtentwicklung der Neuss-Agenda mit einer Vortragsveranstaltung im Rahmen der „Neusser Stadtgespräche“ versucht. Ein echter Ansatzpunkt für eine Umsetzung ergab sich daraus nicht.

In Ulm ist man in diesem Punkt bereits einen Schritt weiter. Die Herrenkellergasse, ein wichtiger Straßenzug der Innenstadt, wurde schon vor Jahren unter dem Grundsatz der Gleichberechtigung umgestaltet. Jüngstes Beispiel aber ist die „Neue Mitte“, auch wenn dieses Projekt „nicht ganz lupenrein“ umgesetzt werden konnte, wie Marlies Gildehaus zugibt, die Sprecherin der Stadtverwaltung. So wurde die Bustrasse markiert, auf der Fußgänger nicht flanieren dürfen. Aber es herrscht Tempo 20. Und weil die Trasse überall überquert werden kann, ist die Straße auch keine Trennlinie in der City mehr.