Unverständnis über Strommasten
Zum Ärger der Stadt Kaarst will der Netzbetreiber Amprion die Strom-Autobahn im Rhein-Kreis zum Teil überirdisch verlegen.
Kaarst. Mit Unverständnis reagiert Sigrid Burkhart, die Technische Beigeordnete der Stadt Kaarst, auf die Ankündigung, dass die umstrittene Stromtrasse „Ultranet“ zwischen Meerbusch und dem baden-württembergischen Philippsburg bis 2021 fertiggestellt sein soll: „Dieser optimistische Zeitplan ist für mich nicht nachvollziehbar.“ Unbegreiflich ist ihr, dass der Bund nach Bürgerprotesten nun unter anderem zwischen Emden und Meerbusch auf Erdkabel setzt, aber ausgerechnet quer durch den dicht besiedelten Rhein-Kreis Neuss weiter eine Leitung über Masten favorisiert. „Darauf bezog sich eine der Haupteinwendungen der Stadt Kaarst bei der Auftaktveranstaltung zum Planfeststellungsverfahren im Januar“, erinnert sie, „bei allen anderen Trassen wurde noch einmal untersucht, ob eine unterirdische Verlegung möglich ist — mit Ausnahme der Strecke zwischen Osterath und Philippsburg, die davon explizit ausgenommen wurde.“
Burkhart vermutet hohe Kosten als Grund für diese Entscheidung. Ein Sprecher des Netzbetreibers Amprion hatte bereits bestätigt, dass Aufwendungen für eine Erdverkabelung bis zu fünfmal höher ausfallen als für eine Freileitung.
In Kaarst ist zudem geplant, die neuen Leitungen über bestehende Masten zu führen. „Bei uns führt die Stromtrasse durch dicht besiedeltes Gebiet, wo überall im Erdreich bereits Leitungen vorhanden sind und das Erdkabel Straßen und Infrastruktur queren müsste“, erläutert sie. Von der Frage „Erdverkabelung oder Freileitung“ unberührt bleibt aus Sicht von Amprion der Bau des Konverters, der Wechsel- in Gleichstrom wandelt und umgekehrt. War zwischenzeitlich als Standort auch ein Grundstück in Dormagen diskutiert worden, so favorisiert Amprion inzwischen die sogenannte Dreiecksfläche auf Kaarster Gebiet — und bleibt dabei. „Die Stadt Kaarst wird dies definitiv nicht akzeptieren“, versichert Sigrid Burkhart. Derzeit existiere „keinerlei Planungsrecht, auf dessen Basis das realisiert werden könnte“. Im Entwurf zur erneuten Auslage des Regionalplans sei die betreffende Fläche immer noch zur Auskiesung vorgesehen. Das sieht auch Guido Otterbein so, Sprecher der Bürgerinitiative „Kein Doppelkonverter in Kaarst und Neuss“. Ihn stimmt zuversichtlich, dass sich der Netzbetreiber TransnetBW nach einer vor wenigen Tagen veröffentlichten Machbarkeitsstudie offenbar entschieden hat, den Konverter am anderen Ende der Stromtrasse nahe dem Kernkraftwerk Philippsburg zu errichten. Ehemalige Kraftwerke würden auch Otterbein und seine Mitstreiter als Konverter-Standorte bevorzugen. „Wenn das anderswo möglich ist, sollte das hier im Ballungsgebiet ebenfalls möglich sein“, findet Otterbein.