Wasser kommt jetzt aus Neuss
Rhein statt Tagebau: Neue Wasserversorgung im Neusser Süden, Projekt von SWN und SWD.
Neuss. Kaum einer macht sich Gedanken darüber, woher das Wasser stammt, das tagtäglich aus unseren Wasserhähnen fließt. Während der Neusser Norden vom Wasserwerk Broichhof mit aufbereitetem Grundwasser beliefert wird, bezieht der überwiegende Teil im Neusser Süden sein Wasser aus dem Tagebau Garzweiler. Bisher — denn nach 35 Jahren hat diese Regelung jetzt ausgedient: Seit November erhalten die Neusser ihr Wasser aus dem anströmenden Wasser zum Rhein. Gestern wurde die neue Trinkwasserversorgung auf dem Gelände der Wasserübernahmestation in Wahlscheid — zwischen Grimlinghausen und Uedesheim — von den Stadtwerken (SWN) offiziell vorgestellt.
Das Wasser aus dem Tagebau musste immer einen weiten Weg zurücklegen: Im RWE-Wasserwerk in Paffendorf (Erftkreis) wurde es aufbereitet, dann nach Wahlscheid geleitet, von dort aus den Speicherbecken ins Neusser Leitungsnetz eingespeist, beziehungsweise nach Düsseldorf zum Wasserwerk Flehe befördert.
„In den 35 Jahren Vertragslaufzeit sind mehr als 138 Millionen Kubikmeter Trinkwasser nach Neuss geliefert worden“, berichtet Wolfgang Lenhart, SWN-Leiter der Technik. Dieses Volumen könnte das gesamte Neusser Stadtgebiet 1,40 Meter tief unter Wasser setzen, erklärt der Fachmann.
Auch mit Blick darauf, dass der Tagebau ab 2025 nicht mehr genügend Wasser liefern wird, habe man sich dazu entschlossen, den Vertrag mit RWE zu kündigen. Die Fördermengen im Wasserwerk Rheinbogen wurden von bislang einer Million Kubikmeter auf bis zu 4 Millionen Kubikmeter pro Jahr erweitert.
Um ihre Wasserwirtschaft zu verbessern und langfristig Kosten zu sparen, sind die Stadtwerke nun einen neuen Weg gegangen — verbunden mit einer gewaltigen technischen Umrüstung: Das jetzt in Neuss geförderte Wasser wird nun durch eine so genannte Dükerleitung unter dem Rhein nach Flehe transportiert, dort zu Trinkwasser aufbereitet und über einen parallelen Düker zurück nach Neuss geleitet. Dass die Ingenieure in den 70er Jahren gleich zwei Unterführungen nach Düsseldorf anlegten, erweise sich jetzt als Glücksfall, so Lenhart.
„Wir haben versucht, möglichst viel vorhandene Infrastruktur zu nutzen. Die Pumpen, die wir nicht mehr benötigen, werden nach und nach abgebaut“, erläuert Stefan Alef, Leiter der Abteilung Anlagenplanung und -betrieb.
Düker mussten jedoch umgebaut werden, zudem wurde die gesamte Steuerung erneuert. 850 Meter Rohrleitungen sind neu verlegt worden. Die Gesamtkosten für den Umbau betrugen etwa 2,6 Millionen Euro.
Mit der Trinkwasserversorgung wird auch die Kooperation mit den Düsseldorfer Stadtwerken ausgebaut: Die Wasserübernahme Neuss-Wahlscheid GmbH ist ein Neuss-Düsseldorfer Gemeinschaftsprojekt mit gleich starken Partnern. „Der Rhein ist das verbindende Element“, sagte Jörg Geerlings, Vorsitzender des Aufsichtsrates bei SWN, und lobte die regionale Zusammenarbeit. „Das ist die wirtschaftlichste Lösung für die Neusser Bürger, auch wenn es politisch nicht ganz so einfach war“, meint Stadtwerke-Chef Heinz Runde.
Mit etwa 20 000 Kubikmetern Wasser versorgen die Stadtwerke ihre Neusser Kunden pro Tag, der Absatz geht seit Jahren leicht zurück. Trotzdem werde versucht, den Preis stabil zu halten. Der Kubikmeter Wasser (1000 Liter) kostet in Neuss etwa 1,73 Euro. Jeder Deutsche verbraucht im Schnitt mehr als 130 Liter Trinkwasser am Tag.