Wird der Silbersee-Schatz gehoben?
Dormagen und Neuss könnten dort ein interkommunales Gewerbegebiet errichten.
Dormagen/Neuss. Es war eine Gruppe von Westmännern, die Ende des 19. Jahrhunderts zum Silbersee zog, um dort in einer Silbermine das wertvolle Erz abzubauen. Ritten Old Shatterhand, Winnetou und Old Firehand vor dem geistigen Auge ihres Schöpfers Karl May unter strapaziösen und gefährlichen Bedingungen durch die Rocky Mountains, können Erik Lierenfeld und Reiner Breuer „ihren“ Silbersee bequem erreichen. Die Stadtgrenze zwischen Dormagen und Neuss verläuft genau durch den See, an dem die Bürgermeister einen Schatz heben wollen. Wie wertvoll er ist, ist derzeit unklar. Es darf angenommen werden, dass die Vermarktung der zur Verfügung stehenden 40 bis 50 Hektar großen Fläche einen zweistelligen Millionen-Euro-Betrag an Gewerbesteuereinnahmen in die Haushaltskassen spülen könnte.
Der „Schatz im Silbersee“ könnte den Haushalt der Stadt dauerhaft sanieren. Der Einnahmeposten Gewerbesteuer entwickelt sich ohnehin endlich besser: Für dieses Jahr sind 22 Millionen Euro eingeplant. Wahrscheinlich zu vorsichtig, denn das vergangene Jahr ergab bereits 27 Millionen Euro. Die Stadt Dormagen sieht das große Finanzglück zum Greifen nahe, denn in ihrer mittelfristigen Finanzplanung hat sie für das Jahr 2018 Silbersee-Einnahmen von 1,25 Millionen Euro eingeplant, für 2019 3,75 Millionen und für 2020 7,25 Millionen Euro.
Viel zu optimistisch, kritisieren die „Bürgerlichen“ aus CDU, Zentrum und FDP sowie Alfa. „Wir sehen dieses Ziel als stark gefährdet an“, sagen die Politiker, die im Stadtrat einen Antrag stellen mit dem Ziel, einen „Zeitenfahrplan“ zu verabschieden. „Wie sollen diese Prognosen erreicht werden, ohne dass hier erkennbar strategisch und zielorientiert vorgegangen wird?“ Wichtig sei auch ein „Benchmarking“ über die bestmögliche Zusammensetzung der Unternehmensansiedlung. Dem entgegnet Rathauschef Lierenfeld: „Wenn, wie im vergangenen Jahr von Landrat Hans-Jürgen Petrauschke avisiert, in 2017 die Bagger anrollen, ist das nicht unrealistisch“.
Lierenfeld ist verärgert. Der umfangreiche Antrag der „Bürgerlichen“ samt Alfa „belastet nur die Fachverwaltung. Er ist unnötig, weil alle Antworten vorliegen“. Er hat den Eindruck, dass die Antragsteller die Unterlagen nicht gelesen haben: „Wir haben zuletzt im Planungs- und Umweltausschuss über den aktuellen Stand informiert.“ Stadt und Rhein-Kreis haben sich darauf geeinigt, zunächst das Ergebnis des in Auftrag gegebenen großflächigen Verkehrsgutachtens abzuwarten. Der Knackpunkt für eine Entwicklung und erfolgreiche Vermarktung ist der Bau des Autobahnanschlusses Delrath. Der ist gefährdet, weil eine Zufahrtstrasse an der mit gefährlichen Gasen handelnden Firma GHC vorbei führen würde. Dormagen hatte zunächst darauf gedrängt, mit Blick auf die sich abzeichnende Abwägung zwischen der möglichen Gefahr durch GHC und dem öffentlichen Interesse an einer Verkehrsverbesserung durch die Bezirksregierung, bereits eine Rechtsexpertise erstellen zu lassen.
„Mit dem Anschluss steht und fällt das gesamte Vorhaben“, sagt auch der Neusser Bürgermeister Reiner Breuer. „Wir sind nach wie vor in Gesprächen mit der Bezirksregierung, dem Rhein-Kreis und mit der Stadt Dormagen.“ Im Unterschied zu Dormagen ist man im Neusser Rathaus zurückhaltender: Gewerbesteuereinnahmen aus dem Silbersee sind für die nächsten Jahre nicht eingeplant.