ZIN-Chef Napp-Saarbourg: „Politik will ein zweites Hauptzentrum schaffen“
ZIN-Chef Napp-Saarbourg zu Auswirkungen des Möbelhauses auf die Innenstadt.
WZ: Herr Napp-Saarbourg, der Stadtrat hat am vergangenen Freitag mit Mehrheit den Grundsatzbeschluss für ein großes Möbelhaus gegenüber des Rheinparkcenters getroffen. Sind Sie besorgt? Oder können Sie die Entscheidung nachvollziehen?
Napp-Saarbourg: Ich will nicht weltfremd sein. Viele Arbeitsplätze, ein Verkaufserlös für das Grundstück, künftige Gewerbesteuer: Das sind schwer zu widerlegende Argumente. Erfahrungsgemäß aber wird eine solche Entscheidung Folgen für die Innenstadt haben.
WZ: Also doch Besorgnis.
Napp-Saarbourg: Natürlich sind wir besorgt. Bei einer Verkaufsfläche von 45 000 Quadratmetern wird es ein Randsortiment geben — sicherlich auch mit innenstadtrelevanten Produkten.
WZ: Im Gespräch sind Kinderwagen und Teppiche . . .
Napp-Saarbourg: Davon rede ich nicht, das ist für die Neusser Innenstadt nicht relevant. Aber Lampen, Matratzen, Wohnaccessoires: Da gibt es doch diverse betroffene Anbieter. Das ist der eine Grund der Besorgnis — die direkte Konkurrenz.
WZ: Der zweite Grund?
Napp-Saarbourg: Durch die Ansiedlung eines so großen Möbelhauses an dieser Stelle wird das Rheinparkcenter deutlich aufgewertet. Ich frage mich: Warum will man das?
WZ: Warum also?
Napp-Saarbourg: Ich will nicht spekulieren. Aber vielleicht ist der Zulauf aus dem Umland nicht so wie erwartet, und es soll geholfen werden. Fest steht für mich jedenfalls: Eine Aufwertung des Rheinparkcenters wird der Innenstadt zu schaffen machen.
WZ: Aber hat der Um- und Ausbau des alten Huma-Centers der Innenstadt überhaupt geschadet?
Napp-Saarbourg: Das ist schwer zu sagen, weil es keine Messungen der Kundenströme vor und nach der Eröffnung gibt. Jedenfalls gibt es Geschäfte, die mehr, und andere, die weniger leiden. Je größer das Sortiment, desto schwieriger ist es. Insgesamt kann man allerdings sagen, dass uns das Rheinparkcenter weniger schadet als erwartet. Das ist auch auf die Aktivitäten von ZIN zur Aufwertung der Innenstadt zurückzuführen.
WZ: Warum sehen Sie dann dem Möbelhaus nicht ganz gelassen entgegen?
Napp-Saarbourg: Hier will die Politik ein zweites Hauptzentrum mit Rheinparkcenter, Cruse Classics und Möbelhaus konstruieren — an der Peripherie. Davon warnt das Einzelhandelsgutachten von 2009 ebenso wie die IHK.
WZ: Die Fläche zählt zum Kerngebiet.
Napp-Saarbourg: Für mich ist das Peripherie, grüne Wiese.
WZ: Das Möbelhaus wird aller Voraussicht nach gebaut. Wird ZIN mit der Stadt hadern?
Napp-Saarbourg: Nein. Wie gesagt, wir sind nicht weltfremd. Allerdings stellt sich die Frage: Was kann die Stadt als Gegengewicht setzen, um nicht nur die eine, sondern auch die andere Seite zu stärken? Einen Schnellschuss mit Forderungen wird es von uns nicht geben. Aber Visionen haben wir schon. So müssten dringend die Münze, die Büchel-Arkaden und der Meererhof entwickelt werden. „Die Stadt der kurzen Wege“: Das trifft es doch. Wer verabredet sich schon im Möbelhaus zum Klönen oder Kaffeetrinken?