Zu viele Bewerber an Gesamtschulen
Die Plätze an den Gesamtschulen in Neuss reichen bei Weitem nicht aus — 78 Kinder müssen abgewiesen werden.
Neuss. Nach dem Anmeldeschluss an den weiterführenden Schulen für das kommende Schuljahr steht fest: Die Neusser Gesamtschulen sind begehrt. „78 Kinder mussten abgewiesen werden“, berichtet Gisela Hohlmann (SPD), die Vorsitzende des Schulausschusses. „Das zeigt, dass der Elternwille in Richtung Gesamtschule sehr stark ist.“ Überraschenderweise habe die neue Gesamtschule Norf mit 135 Kindern sogar die Janusz-Korczak-Gesamtschule (116 Anmeldungen) überholt, den bisherigen Spitzenreiter.
Nach Angaben des Schulamtes werden 615 Viertklässler aufs Gymnasium wechseln: je 120 aufs Quirinus- und Alexander-von-Humboldt-Gymnasium, je 115 auf das Marie-Curie- und das Nelly-Sachs-Gymnasium sowie 145 auf das Gymnasium Norf. 80 Kinder gehen ab Herbst auf die Realschule Holzheim, 467 auf die Gesamtschulen (neben Korczak- und Norfer Gesamtschule verzeichnen die Gesamtschulen Erft und Nordstadt je 108 Anmeldungen). 175 Kinder wechseln auf die zwei Sekundarschulen: 86 auf die in Gnadental und 89 auf die Comenius-Schule. „Leider wissen viele Eltern noch nicht, dass eine Sekundarschule im Prinzip eine Gesamtschule ohne Oberstufe ist und ebenfalls alle drei möglichen Schulformen beinhaltet“, sagt Hohlmann. „Sie hat sogar den Vorteil, dass die Klassen kleiner als an Gesamtschulen sind, nämlich jeweils zwei Schüler weniger.“ Das bestätigt Stephanie Wellens (CDU): „Es gibt noch viel Unkenntnis über die Sekundarschule“, sagt sie. „Das ist schade. Aber gerade deshalb müssen wir sie jetzt in der Anfangsphase unterstützen.“ Jochen Reif kennt die Vorurteile, die Mütter und Väter gegenüber der neuen Schulform haben. Er geht davon aus, dass im Herbst rund 110 Fünftklässler an der Weberstraße in vier Klassen starten werden. Schon jetzt kann er vier Nachrücker vorweisen. „Viele Eltern denken, wir seien der Nachfolger der Hauptschule“, sagt der Leiter der Comenius-Sekundarschule bedauernd. „Dabei steht unseren Schülern auch das Abitur offen.“
Diese Aufklärungsarbeit musste er auch jetzt wieder leisten. Denn die Kinder, die keinen Platz an einer Gesamtschule bekommen hatten, wurden an eine der beiden Sekundarschulen verwiesen. „Viele Eltern kamen traurig hierher, um ihr Kind anzumelden“, berichtet Reif. „Nachdem wir ihnen unser Konzept erläutert hatten, sind fast alle mit einem Lächeln hinausgegangen.“ Das hat auch Gisela Hohlmann erfahren bei Gesprächen mit Eltern von Comenius-Schülern, die im vergangenen Jahr an die Sekundarschule umgeleitet worden waren. „Sie sagen heute: ,Das war das Beste, das uns passieren konnte’’ Dennoch werde man die Entwicklung weiter beobachten. „Wenn der Elternwille in Richtung Gesamtschule so stark bleibt, müssen wir noch mal an die Struktur der Schullandschaft herangehen“, sagt Hohlmann. Grundsätzlich sei es möglich, eine Sekundarschule in eine Gesamtschule umzuwandeln. Doch gemessen an der Einwohnerzahl sei die Quirinusstadt mit vielen Gesamtschulen ausgestattet. „Man muss einer neuen Schulform wie der Sekundarschule auch eine Chance geben.“