Rockermord-Prozess in Duisburg „Ich kriege hier einen Herzinfarkt“
Duisburg/Mönchengladbach · Im Rocker-Prozess ging es erneut um das Attentat auf einen Ex-Bandido. Allerdings ist ein Zeuge, der den Kronzeugen belastet hat, verschwunden.
Als sich die Zeugin zum Mikrofon beugt, ist zunächst nur schweres Atmen zu hören. Ihre Aussage beginnt mit dem Satz „Ich bin im falschen Film“ und endet mit „Ich kriege hier einen Herzinfarkt“. Und wer sie so atmen hört, teilt die Befürchtung.
Die 66-Jährige ist eine von neun Zeugen, die am Freitag zu dem versuchten Mord an einem Bandido in Oberhausen aussagen sollen. Der Fall ist Teil des Verfahrens zum mutmaßlichen Stückelmord an Kai M. Die Nervosität ist besonders, die Aussage typisch. Neun Jahre nach der Tat im November 2013 erinnert sich die Frau nur bruchstückhaft.
Geladen sind an diesem Tag Anwohner, die die Schüsse auf das Auto des Bandidos-Vizepräsidenten, einem damals 25-jährigen Duisburger, gehört haben und – im Idealfall – danach auch etwas von den wegfahrenden Autos gesehen haben. Am genauesten erinnert sich ein ehemaliger Mercedes-Auszubildender an die Autos und eine für die Tat wohl entscheidende A-Klasse. Darüber hinaus konnten sich die meisten Zeugen nur noch darauf einigen, dass zwei bis drei Autos nach der Tat wegfuhren. Die wenigsten hatten überhaupt Personen wahrgenommen und wenn doch, waren die Erinnerungen dazu neun Jahre später nicht mehr brauchbar.
Erschwerend kam hinzu, dass der wohl wichtigste Zeuge verschwunden ist. Ein polnischer Kiosk-Besucher hatte nach den Schüssen gesehen, wie der mutmaßliche Täter in ein Auto einstieg und wie dabei ein Kleidungsstück auf die Straße fiel. Hieran fand sich laut Duisburger Staatsanwaltschaft die DNA eines der Angeklagten, des Mönchengladbacher Hells Angel Francesco G. Der Mitangeklagte Kadir Y. war durch eine Funkzellenüberprüfung in den Fokus der Ermittler geraten.
Der Pole hatte mit Hilfe eines Dolmetschers zunächst bei der Essener und Jahre später, als er selbst wegen eines versuchten Einbruchs verhört wurde, bei der Paderborner Polizei zu dem Fall ausgesagt. 34 Fotos waren ihm damals gezeigt worden, zwei Personen identifizierte er „zu 60 Prozent“. Ausgerechnet den Kronzeugen im Fall Kai M. und dessen Bruder. Laut Staatsanwaltschaft gebe es aber keine Anhaltspunkte, dass sie an der Tat beteiligt waren. Anders als bei Mönchengladbachs Rocker-Boss Ramin Y. und dem Hauptverdächtigen Mustafa H. Beide haben sich ins Ausland abgesetzt.