Junges Schauspiel  Junges Schauspiel will weiter mit Schulen zusammenarbeiten

Das Junge Schauspiel plant ein Programm, wie der Unterricht an Schulen in Corona-Zeiten kulturell unterstützt werden kann.

 Stefan Fischer-Fels, Leiter des Jungen Schauspiels, will Theater und Schulen verbinden.

Stefan Fischer-Fels, Leiter des Jungen Schauspiels, will Theater und Schulen verbinden.

Foto: Thomas Rabsch

Wie verzwickt die Sache mit dem Einfallsreichtum ist, zeigt die aktuelle Diskussion um die Schulen. Regelbetrieb, Fernunterricht oder Hybrid-Konzept? Darüber streiten Politiker seit Beginn der Corona-Pandemie, und weil ihnen auch nach Monaten noch ein Plan fehlt, läuft alles wie gehabt. Derweil versinken Schüler, Lehrer und Eltern in Unsicherheit. Schuldirektoren, die beherzt neue Wege gehen, holen sich blutige Nasen, weil ihre Initiative in keiner Verordnung steht.

In den Theatern läuft das anders. Von ihnen wird erwartet, dass sie die Regeln strikt befolgen und zugleich den Schöpfergeist befeuern. „Eine schöne Herausforderung in der Krise“, findet Stefan Fischer-Fels, der Leiter des Jungen Schauspiels. Erneut nicht spielen zu dürfen, wiegt schwer, vermag einen Optimisten wie Fischer-Fels jedoch nicht in die Knie zu zwingen.

Er und sein Team denken über Alternativen nach, falls die Theater auch weiterhin geschlossen bleiben. Mobile Produktionen kann er sich vorstellen, mitten in der Stadt, Vorstellungen im Hofgarten oder auf dem Platz vor dem Jungen Schauspiel an der Münsterstraße. Zurzeit macht er sich aber vor allem Gedanken darüber, wie er seine wichtigsten Partner, die Schulen, wieder willkommen heißen und zugleich entlasten kann. „Wir möchten die Schulen unterstützen und uns am Unterricht beteiligen“, sagt Fischer-Fels. Das Theater mit seinen heutigen Fragestellungen und den vergnüglichen Zwischentönen fehlt den Schulen, hören die Päda­gogen des Jungen Schauspiels immer wieder, wenn sie mit den Klassen arbeiten.

Erlass könnte eine
Kooperation möglich machen

Leise Hoffnung macht dem Theater­mann ein neuer Erlass, der vor wenigen Tagen publiziert wurde. Darin heißt es, dass Schulen während der Pandemie außerschulische Angebote fester Kooperationspartner wahrnehmen dürfen. Das Junge Schauspiel ist ein solcher Partner. „Als Kompetenzzentrum für kulturelle Bildung könnten wir künstlerische Unterrichtseinheiten in unseren Räumen anbieten und helfen, die Schülergruppen vor Ort zu entzerren“, sagt der Theaterleiter. Schulklassen könnten zum Beispiel Darsteller aus dem aktuellen Anne-Frank-Stück „Liebe Kitty“ treffen und mit ihnen auf großer Bühne über Antisemitismus und Rassismus diskutieren. Selbst Naturwissenschaften ließen sich über Fragen zu Licht und Ton im Theater vermitteln. Mit zwei Schulen prüft Fischer-Fels gerade mögliche Modelle. Jedoch will er das erneute Treffen von Bundesregierung und Ministerpräsidenten in der kommenden Woche abwarten, bevor es an die konkrete Umsetzung geht, denn das Stop-and-Go-Manöver strengt an.

Die Spielzeit ist zunächst bis Dezember durchgetaktet. In den wenigen Wochen von September bis zum Beginn des Teil-Lockdowns am 2. November konnten nicht alle Premieren und Vorstellungen, die vorgesehen waren, auf die Bühne gebracht werden. „Liebe Kitty“ wurde als Voraufführung ge­streamt, die eigentliche Uraufführung ist auf Dezember verschoben ebenso wie „A Christmas Carol“ von Charles Dickens, das vom Geizkragen Scrooge erzählt. Ob das Weihnachtsstück tatsächlich im Advent live gezeigt werden kann, steht in den Sternen. Fischer-Fels vermag keine Prognosen abzugeben: „Dann zeigen wir es eben im Januar.“

Von den Unwägbarkeiten ist auch die kommende Spielzeit berührt. Stoffe werden gegebenenfalls geändert oder neu angepackt: „Ein junger Autor stellt radikale Fragen an unsere Zukunft. Je nach Lage der Dinge wird er sie neu stellen müssen.“ Sieben neue Produktionen sollen am Jungen Schauspiel zu sehen sein. Wie sie inszeniert werden, steht nur in einem Fall fest. Alle anderen befinden sich im Fluss – so, wie die gegenwärtigen Gegebenheiten. Natürlich gibt es übergeordnete Themen, die Kinder und Jugendliche, die alle Menschen immer bewegen: Identität, Einsamkeit, Hoffnung. „Es ist ein Kampf, Hoffnung zu generieren“, sagt Fischer-Fels, „aber unsere Helden können das.“